Moskau. Zufrieden mit sich und der Welt ist Putins PR-Manager Gleb Pawlowski. Putin konnte diesmal, so analysiert Pawlowski, nicht nur mehr, sondern auch ganz andere Stimmen als vor vier Jahren gewinnen. Stimmten damals vor allem Staatsbedienstete und die ältere Generation für ihn, so wird Putin heute vor allem von der neuen russischen Mittelklasse getragen. Von 35 bis 40 Millionen Russen mittleren Alters mit guter Ausbildung und sehr bescheidenem Wohlstand. Menschen, die ihre Lebenspläne für länger als für eine Wahlperiode machen.
Der Begriff der „neuen Mittelklasse“, mit dem russische Politologen und Soziologen arbeiten, unterscheidet sich deutlich von dem des deutschen Mittelstandes. Entscheidend sind nicht so sehr die materiellen Einkommensverhältnisse (Monatseinkommen ab 400 Euro), als vielmehr Ausbildung und Lebensperspektiven. Mittelklässler ist demnach der, der sich so fühlt.
Wer es gewohnt ist, Wohnungskauf und Kinderausbildung zu planen, der denkt nicht in Zeiträumen einer vierjährigen Amtsperiode. Die Stimmen der 35 bis 40 Millionen aus der neuen Mittelschicht sind darum, erklärt Gleb Pawlowski, keine Stimmen für Putin persönlich, sondern für dessen politischen Kurs.
Putins sei es gelungen, die soziale Gruppe um sich zu vereinen, auf die seine Politik auch gerichtet ist, sagt Pawlowski. Eine Politik, die sich mit einigen Kernbegriffen umreissen lässt: „Modernisierung“, „Stabilität“, „Wohlstandsmehrung“, „Stärkung der russischen Nation und ihrer Konkurrenzfähigkeit“.
Putins Aufgabe sei es in den nächsten vier Jahren, die alte politische Klasse nicht zu verprellen, sondern weiter zu beteiligen, damit sie nicht zum Träger ausländischen Einflusses werde.
Pawlowski erläutert auch näher, was Putin gemeint hatte, als er in der Wahlnacht davon sprach, dass er bereits seit vier Jahren auf der Suche nach einem Nachfolger sei. Es gehe darum, eine Systemkrise zu vermeiden, wenn Putin nicht mehr zu einer neuen Amtsperiode antreten werde.
Dafür müsse es einen Nachfolger oder eine Gruppe von Menschen geben, die denselben politischen Kurs wie er verfolgen und von den verschiedenen Eliten akzeptiert werden.
Das politische Protestpotential belaufe sich auf etwa 25 %, analysiert Pawlowski. Dies seien auch die in nächster Zeit heftig umkämpften Resourcen für neue Parteibildungsprozesse.
Die Chancen der liberalen Präsidentschaftskandidatin Irina Chakamada und deren Parteiprojekt „Freies Russland“ schätzt Pawlowski als sehr bescheiden ein. Es werde Chakamada ähnlich wie vorher bereits Alexander Lebed nicht gelingen, ein stabiles Team aufzubauen.
Ausser der Kommunistischen Partei habe keine der alten Duma-Parteien langfristig eine Lebenschance, sagt der Image-Maker des Präsidenten.
(am/gim/.rufo)
|