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U-Boot der November-Klasse (foto: newsru.com) |
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Samstag, 30.08.2003
Kursk II: Wieder U-Boot-Untergang in der BarentsseeVon Lothar Deeg, St. Petersburg. Drei Jahre und zwei Wochen nach der Katastrophe der Kursk ist in der Barentssee erneut ein russisches Atom-U-Boot gesunken. Die K-159 liegt seit heute 4 Uhr in 170 Meter Tiefe drei Seemeilen nordwestlich der Insel Kildin. Anders als bei der Kursk handelt es sich aber um ein bereits ausgemustertes U-Boot, das zur Verschrottung geschleppt wurde. Dennoch waren 10 Mann Besatzung an Bord, ein Seemann wurde gerettet. Radioaktivität soll nicht freigesetzt worden sein. Die fachkundigen Ökologen der Umweltorganisation Bellona bezweifeln dies aber.
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Von den zehn Mann Besatzung wurden drei geborgen, aber nur einer lebend, erklärte am Morgen der Stabs-Chef der russischen Flotte, Admiral Viktor Krawtschenko. Der gerettete Seemann heißt Maxim Zibulski, er befindet sich mit Schocksymptomen im Militärhospital von Seweromorsk.
Laut Krawtschenko bestehe keine Hoffnung, die Vermissten noch lebend zu finden, da in dem kalten Wasser der Barentssee niemand länger als 30 bis 40 Minuten überleben könne. Interfax berichtete unter Berufung auf eine Quelle im Kommando der Nordmeerflotte allerdings von vier Geretteten. Zwei Schiffe und zwei Flugzeuge suchten schon in der Nacht die Unglücksstelle etwa 60 Kilometer nördlich der Hafenstadt Murmansk ab. Zwei weitere Rettungsschiffe wurden dorthin beordert.
Nach Darstellung der Flotte liegt die radioaktive Strahlung am Ort des Untergangs im Normbereich sprich, es ist keine Strahlung freigesetzt worden. Beide Antriebsreaktoren des 1963 gebauten Schiffes seien bereits 1989 bei dessen Stilllegung abgeschaltet und gesichert worden, so Krawtschenko. Die K-159 lag seitdem wie viele andere ausgemusterte U-Boote im Flottenstützpunkt Gremicha, etwa 400 Kilometer östlich der Unglücksstelle.
Am Donnerstag war damit begonnen worden, das Schiff nach Poljarny in der Kola-Bucht zu schleppen. Dort sollte in einer Spezialwerft das Reaktorsegment entfernt und der Rumpf verschrottet werden. Für den Transport wurde die K-159 auf vier Pontons gesetzt. In der stürmischen letzten Nacht wurden die Schwimmkörper jedoch fortgerissen und das U-Boot sank.
Die K-159 gehört zur Baureihe 627, der ältesten Klasse der sowjetischen Atom-U-Boote, im Nato-Jargon November-Klasse genannt. Das Schiff von 107 Meter Länge war mit Torpedos bewaffnet und trug eine Besatzung von 110 Mann. Als Antrieb dienen zwei Druckwasserreaktoren mit je 17.500 PS Leistung. Bei einer maximalen Tauchtiefe von 300 Meter erreichten die U-Boote dieser Klasse eine Fahrtgeschwindigkeit von 30 Knoten. Gemäß eines Reports der norwegischen Umweltorganisation Bellona wurden 12 der 13 gebauten U-Boote dieses Typs außer Dienst gestellt, eines sank 1970 nach einem Brand in der Biskaja, wobei 52 Crew-Mitglieder umkamen.
Alexander Nikitin, ehemaliger U-Boot-Offizier, Reaktorexperte und heute Vertreter von Bellona in St. Petersburg, äußerte Besorgnis über den Untergang der K-159: Ungeachtet dessen, dass die beiden Reaktoren schon 1989 abgeschaltet wurden, ist der Grad ihrer Abschirmung nicht verlässlich, wenn man das Alter des Schiffes und der Reaktoren berücksichtigt. Angesichts des Zustandes des Schiffes und der beschränkten Möglichkeiten der Flotte fürchtet Nikitin, dass auf eine Hebung der K-159 verzichtet werden könnte. Angesichts des Fischreichtums der Gewässer um die Insel Kildin und des intensiven Schiffsverkehrs in dieser Gegen sei dies aber eine der schlechtesten Lösungen.
Igor Kudrik vom Bellona-Hauptquartier in Oslo geht davon aus, dass bereits Radioaktivität aus dem Havaristen freigesetzt wird. Anders kann es gar nicht sein, denn die Reaktoren der ersten Generation verfügen nicht über die nötige Dichtheit. Das Unglück kam für die Ökologen nicht direkt überraschend, erklärte Kudrik weiter: Als wir erfuhren, dass ein Boot dieses Alters und Zustandes zum gegenwärtigen Zeitpunkt, wenn die See nicht gerade ruhig ist, über das Meer geschleppt werden soll, rechneten wir bereits mit etwas dieser Art.
Auch der letzte Kapitän der K-159 geht davon aus, dass der Transport des U-Bootes regelwidrig verlief. Eduard Baldin, später Kommandeur der Schwarzmeerflotte sagte zu Interfax, die K-159 sei bereits bei ihrer letzten Fahrt 1983 beinahe untergegangen. Unter Wasser konnten wir uns noch halten, aber aufgetaucht verlor sie ihre Schwimmfähigkeit, so Baldin. Ein derartig schlecht erhaltenes U-Boot ohne eigene Energieversorgung hätte ohne gründliche Vorbereitungen nicht abgeschleppt werden dürfen. Laut Baldin hätten zuerst alle Rumpföffnungen zugeschweißt werden müssen, um das Schiff dann ohne Besatzung abzutransportieren.
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Am Samstagmittag traf der Oberkommandierende der russischen Flotte, Admiral Wladimir Kurojedow, im Hauptquartier der Nordmeerflotte in Seweromorsk ein, um die Untersuchungen über den Untergang zu leiten. Die Sucharbeiten nach den vermissten Seeleuten gingen unterdessen trotz einer Wetterverschlechterung weiter. Das gesunkene U-Boot selbst wurde noch nicht untersucht.
(ld/.rufo)
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