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Blackout: Der Bildschirm zeigt nur noch schwarz (Foto: Ballin/.rufo) |
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Donnerstag, 26.05.2005
Wie ich den Stromausfall erlebteAlexej Dubatow, Moskau. Es war am Mittwoch, um 11.10 Moskauer Zeit. Der Computer stellte sich plötzlich ab und wollte nicht mehr anspringen. Dann gingen buchstäblich alle Lichter aus.
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Die Lampe flackerte Mitleid erregend, um geich darauf endgültig zu erlöschen. In der Datschensiedlung zwischen der Kiewer und der Kalugaer Chausse gibt es drei Stromzuleitungen. Beim Umschalten von einer auf die jeweils andere wiederholte sich das Flackern und Erlöschen. Der Kollege in Moskau, der wissen wollte, welche Artikel ich in meiner Sommerfrische schreiben kann, hielt meine Erklärung vom Stromausfall sicher für eine faule Ausrede. Das Telefon ging ja.
Telefon ging dank der Präsidentenfrau
Den Telefonanschluss hatte mir einer meiner Nachbarn über die nahe Gasprom-Pension Druschba (Freundschaft) vermittelt. Dort funktionierte alles unverändert. Gerüchteweise hieß es, die Präsidentenfrau Ludmila Putina verbringe darin einen Kurzurlaub. Polizeiposten, die die schmale Seitenstraße im Abstand von 100 Metern säumten, schienen es zu bestätigen.
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Es blieb nur das Angeln übrig (Foto: onlinetur) |
Es blieb nur das Angeln übrig
Unter diesen Umständen war das Vernünftigste, zum Karpfenteich zu gehen und eine Angel auszuwerfen. Da kam gerade ein anderer Nachbar mit dem Auto aus Moskau und erzählte, dort sei die Metro stehen geblieben. Er kam nach eigenen Worten „mit dem Heiligen Geist“ zurück, weil sein Tank leer war und alle Tankstellen unterwegs wegen des Stromausfalls geschlossen waren.
Die einzige Verbindung nach außen
Da fiel mir ein uralter Fernseher ein, der einen Autobatterieanschluss hatte. Bald avancierte er zum Mittelpunkt der Datschensiedlung. Die kleine Mattscheibe zeigte alte Leute in der U-Bahn, die keine Kraft hatten, um die still stehende Rolltreppe zu erklimmen. Beim Einsteigen in Busse, die als Notlösung zusätzlich eingesetzt wurden, gab es so manche Schlägerei.
Generell gebe es aber keine Panik, berichtete das Radio Echo Moskaus. Die Bürger hätten sich damit abgefunden, dass die Behörden sie immer im Stich lassen, und sie nur mit sich selbst rechnen können, hieß es.
In Moskau war es noch schlimmer
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Meine Frau war in unserer Moskauer Wohnung. Diese liegt im Südwesten Moskaus und war somit in einem der Epizentren. Das Telefon ging dort jedenfalls nicht. Am Nachmittag meldete sie sich per Handy. Sie stehe an der Quelle im Wald nach Wasser an. Diese galt als „biologisch bedenklich“. Jetzt wollte aber niemand darauf Rücksich nehmen.
Also lagerte ich alle Lebensmittel aus dem nutzlosen Kühlschrank in den Kartoffelkeller aus, packte ein paar Behälter mit Wasser ein und fuhr nach Moskau. Die gewohnte Strecke sah mit den stillgelegten Tankstellen, zu vielen Autos und Fußgängern recht gespenstisch aus. Als meine Frau mit dem erbeuteten, nicht ganz keimfreien Wasser zu Hause ankam, sah sie ungläubig, wie die Lampe in der Toilette aufflackerte. Bald kam auch eine dunkle Brühe aus dem Wasserhahn.
Speiseeis und Raketen
Ich wurde nicht mehr gebraucht und fuhr wieder hinaus. Rechterhand hielten vorbei fahrende Autos vor dem Tor einer Speiseeisfabrik. Am Kiosk gab es trotz der Hitze Eis. Man sei verzweifelt gewesen, erzählte die Verkäuferin. Doch dann habe ihr Absatzleiter bei einer Raketeneinheit nahe Troizk angerufen. Die Militärs liehen ihnen zwei Dieselkraftwerke „gegen Naturalien“ aus. Speiseeis sei nicht minder wichtig, als Raketen.
An der Pension Druschba waren die Polizeiposten inzwischen weg. Die First Lady des Kremls muss sie verlassen haben, wenn sie wirklich da gewesen war. Ein Tag ohne Strom: Da konnte man sehen, welche Rolle die Elektrizität im Leben moderner Menschen spielt.
(adu/.rufo)
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