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Soweit die Lage
Die inhaltliche Struktur der NPOs in der Ukraine wird deutlich von Freiezeitclubs, Kosakenvereinen etc, religiösen und Jugendorganisationen dominiert. Daneben haben die gewerkschaftlichen Organisationen zugenommen, was dringend notwendig ist, weil die alten Gewerkschaften mit den jeweiligen Regierungen paktieren und ihre Mitglieder ruhig halten, was mit Vergünstigungen funktioniert. Gewerkschaften besitzen in der Ukraine eine Vielzahl von günstigen Urlaubsresidenzen, Erholungsheimen etc.
Wenn man das Wachstum des BIP der Ukraine mit den Reallohnverlusten in den letzten 6 Jahren vergleicht, kommt einem nur eine Feststellung: Die Leute werden immer ärmer, auch wenn die Oligarchen wieder besser verdienen. Nennenswerte Gewerkschaftsproteste und Streikwellen gibt es dennoch nicht.
NPOs mischen sich in der Ukraine nur zu einem Bruchteil in die Politik ein.
Eine nennenswerte Zivilgesellschaft, die in der Ukraine aktiv und kämpferisch für die Demokratie eintritt gibt es nur punktuell. Kiew, Odessa und der Westen der Ukraine wurden schon erwähnt.
Royaler 22.10.2012 - 00:38
Fakten zur Veränderung
Es hat sich was getan - merkt das denn keiner?
Da ist auch Potential für Herrn Klitschko drin.
Ich glaube nicht, dass die Menschen, die im sogenannten dritten Sektor, in Bürgerinitiativen aktiv sind, in der Ukraine nur einsam agieren, es wirkt sich etwas Neues aus
in der Ukraine, \"Orange\", umstritten oder nicht war nur ein Signal, ein Markpunkt, ein Katalysator vielleicht.
Dazu: http://www.laender-analysen.de/ukraine/pdf/UkraineAnalysen92.pdf
Zur Wachstumsdynamik der Bürgervereinigungen in den Regionen kann dort Steigerungen ausmachen: Odessa, die Stadt des Humors natürlich vorne weg mit ca. dem 4 fachen, Kiev und Umland sowieso vorne dabei, aber auch das kleine Poltawa um das dreifache immerhin, und sogar das nordische Lwiw verdoppelt in den zehn Jahren nach 1999.
das wirkt doch viel mehr nach Freiheitsbewegung als in den Weiten Russlands. Oder?
Paulsen-Consult 21.10.2012 - 22:15
Natürlich wünsche ich
Klitschko allen erdenklichen Erfolg am 28.10., aber optimistisch bin ich nicht. Überhaupt habe ich es mir abgewöhnt, die Ukraine von der optimistischen Seite zu betrachten. Auch von der heiteren Seite betrachte ich das Land nicht mehr, ebenso wenig wie Russland. Die Entwicklung beider Länder sehe ich rabenschwarz.
Wir sehen gerade im Westen, wie schwierig es ist, eine politische Kultur zu halten, wenn der Wohlstand einbricht. Ich habe das Land 2005 kennengelernt, als die Orangene Revolution und ein beachtliches Wirtschaftswachstum viele Hoffnungen hervorrief. Aber die mafiösen Neunziger, die teilweise mit Hungersnöten gespickt waren, wie Mitte der Neunziger, waren noch nicht vergessen, als es mit der Finanzkrise wieder ab in den Keller ging.
An den Strukturen hat sich gar nichts geändert, der gesamte Osten treibt gerade zurück in die Dikatatur.
Von einer dünnen Avantgard abgesehen hat sich in der Ukraine ein ausgesprochen resigniertes und destruktives Lebensgefühl ausgebreitet. Karnevalesk ist da gar nichts mehr.
Ein bisschen Hoffnung richtet sich auf das EU-Assoziierungsabkommen, aber das wird wohl weiterhin durch den Luxus der ukrainischen Politelite, sich politische Gefangene zu halten, blockiert werden. Die unverforene Stärke Russlands hat die Ukraine nunmal nicht.
Was bleibt ist abwarten - ohnmächtiges abwarten.
Royaler 20.10.2012 - 02:47
Und jetzt die Beweise ...
Da wird ja reichlich viel behauptet, wie der Ukainer so mal per se drauf ist, auf jeden Fall gegen orange - das ist grad mal 10 Jahre her - und Klitschko geht schon gar nicht, der hat ja eine andere Kultur genießen dürfen und den Schlamassel nicht miterleben müssen.
Sind da nicht auch einige angetreten, die ferngelenkt wirken, altsowjetischer Geist, von Russland aus.
Ok, ich verstehe, das mag der Ukrainer, nicht nur der, der lieber russisch spricht,
viel mehr. Hier bin ich einfach mal skeptisch, nach den vielen Erfahrungen, die die jüngeren Ukrainer in letzten 20 Jahren machen durften.
Und da so Vieles über den wahren Ukrainer gewußt wird, füge ich einfach mal hinzu:
Viele Ukrainer sind freiheitsliebender als Russen.
Bin mal gespannt, wer jetzt widerspricht. Und Herr Klitschko vertritt Dinge auf dem Background
von EU Freiheitsmentalität.
Da wird eventuell doch mehr daraus, als man voreilig annehmen
will. Der Mann schmeißt sich ja immerhin mächtig rein, auch finanziell. Und jetzt noch die Frage: Warum macht der das eigentlich, wenn die Wahrschein-lichkeit, dass er haushoch unterliegt, aus welchen Gründen auch immer, doch recht hoch ist?
Wo will er sich Liebkind machen?
Da ich das alles nicht genau wissen kann, lese ich lieber noch einmal bei Gogol nach, der wusste ja immerhin Einiges über ukrainische Marktflecken und Dörfer. Weitere Aussagen also besser erst nach echt genauer Kenntnis. Ach ich hab beinahe vergessen zu erwähnen, dass neben den mit \"nackt\" auftretenden kreuzehackenden ProtestlerInnen aus Kiev, gerade
Richtung Odessa viele Menschen von nahezu karnevalesken Touch leben;
die haben bei all dem hier sicher ihren Spaß und setzten bestimmt noch Einen drauf, wie ich authentisch zu wissen glaube.
Paulsen-Consult 19.10.2012 - 23:12
Wir Westler
lieben Klitschko natürlich und würden ihn lieber heute als morgen im Präsidentenamt sehen.
Aber!
Klitschko ist nicht die Ukraine, er ist verwestlicht!
Er hat eine Vorstellung davon, dass man ohne Korruption im Schutz eines funktionierenden Rechtssystems zu Erfolg kommen kann. Diese Erfahrung haben die Ukrainer nicht.
Sie verharren im Sumpf ihrer eigenen destruktiven Erfahrungen, die sie wesentlich stärker verinnerlicht haben, als wir es uns vorstellen können.
Man stelle sich einen Menschen vor, der die typischen postsowjetischen Prinzipien verinnerlicht hat:
Fairness ist eine Illusion.
Macht und nicht Moral zählt.
Erfolg ist immer das Ergebnis von Skrupellosigkeit.
Der normale Bürger ist immer der Verlierer.
Der Staat gehört der Mafia, mit der man sich besser nicht anlegt.
Wenn Du etwas brauchst, musst du es jemandem anderen wegnehmen.
Wenn Du etwas bekommst, nimm es und gib nichts zurück.
Für diese Mentalität, die in vielen Fällen noch mit Bildungsarmut und Alkoholfolgeschäden kombiniert ist, kann ein Klitschko nur ein hoffnungsloser Spinner sein, der nicht weiss, wie das Leben geht.
Wenn tatsächlich 20% der Wählerstimmen auf seine Partei kommen, dann ist das echter Optimismus.
Holger Eekhof 19.10.2012 - 20:55
Klitschkos guter Name
Herr Stoll, ich stimme Ihnen zu, die Klitschkos haben einen guten Namen, allerdings: als Boxer. Korruption hat bei ihm keine Chance, weil er selber einige Millionen hat? Ein arg unseliges Argument von Ihnen, wenn Sie selbst darüber nachdenken. Für richtig halte ich die Aussage, das er Korruption nicht will und sie bekämpfen möchte, ich halte ihn da einfach für glaubwürdig.
Doch inwieweit er dazu überhaupt in der Lage ist, kann ich nicht wirklich beurteilen, bezweifle es aber. Ein Präsidentenamt in der Ukraine ist keine Einmannshow, sondern erfordert ein Spitzenteam, ebenso wie in Russland - auch wenn alle Welt glaubt das dieses tatsächlich eine Einmannshow ist.
Und ob er wirklich über politischen Weitblick verfügt? Ich habe da so meine Zweifel; wer Georgien und damit die Machtausübung eines Herrn Saakashvili als gelungenes Beispiel in Bezug auf Korruptionsbekämpfung präsentiert, der hat die Grandezza dieses Herrn nicht verstanden, richtig ist, das auf den unteren Ebenen nicht mehr geschmiert, dafür aber durch die oberen abkassiert wird. Und dies ganz offiziell und legal mit Hilfe des Staates und der Gesetze. Statt einen Beamten zu schmieren, kann man sich einfach darauf verlassen, das dieser nur als Vorhut eines neuen privaten Teilhabers anklopft, sobald eine Geschäftstätigkeit Gewinn abzuwerfen droht. Mir persönlich ist dann die Form der kleinen Korruption irgendwie lieber, als gleich von einem ganzen zur Bereicherung instrumentalisierten Staatsapparat aufs Korn genommen zu werden. Stand Georgien vorher im Regen, so hat es unter Saakashvili einen Platz in der Traufe. Zumindest was Korruption angeht.
Aber nichtsdestotrotz: Ich finde das Engagement Klitschkos schlichtweg vorbildlich und persönlich noch bewundernswerter als seine Boxerei.
Stoll 19.10.2012 - 17:43
Klitschkos guter Name bleibt ihm hoffentlich erhalten. Korruption hat zur Zeit bei ihm keine Chance, denn er hat selber dutzende Millionen. Als Präsident wäre er für die Ukraine sehr wünschenswert. Nicht weil er die Segnungen des Westens kennt, sondern auch dessen Schattenseiten. Er ist und bleibt dabei Ukrainer. Doch ein solcher Kerl mit Weitblick wäre dem armen Land zu wünschen. Auch weil er einen guten Namen im Westen hat.
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