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Weißrusslands Rubel verlieren rapide an Wert (Foto: Vesti.ru)
Weißrusslands Rubel verlieren rapide an Wert (Foto: Vesti.ru)
Mittwoch, 14.09.2011

Minsk gibt seinen Rubel-Kurs frei: 60 Prozent Abwertung

Minsk. Währungs-Crash in Weißrussland: Bei der ersten freien Handelssitzung an der Devisenbörse rauschte der Kurs des weißrussischen Rubels um 60 Prozent in den Keller. Dies ist schon die zweite Abwertung in 2011.

Der autokratische Staatspräsident Alexander Lukaschenko hatte vor zwei Wochen angekündigt, dass der Kurs der inflationsgeplagten Landeswährung wieder dem Spiel von Angebot und Nachfrage überlassen werden soll. Zu den dabei festgestellten Kursen soll es der Bevölkerung dann auch wieder möglich sein, Devisen in Wechselstuben zu kaufen.

Heute fand nun in Anschluss an die übliche Valuta-Börsensitzung zum amtlich festgelegten Kurs (bei der nur Hartwährung für sozial wichtige Beschaffungen wie Energieträger oder Medikamente gekauft werden darf) die erste freie Handelssitzung statt.

300 weißrussische Rubel für einen russischen


Der Kursrutsch von etwa 60 Prozent entsprach den pessimistischsten Erwartungen von Wirtschaftsfachleuten. Gegenüber dem zu diesem Zeitpunkt noch geltenden offiziellen Kurs von 5.347 weißrussischen Rubel für 1 US-Dollar und 7.281 Belarus-Rubel für einen Euro wurde nun in Minsk der Dollar in der Spannweite von 8.200 bis 8.700 Rubel und der Euro zwischen 11.200 und 12.000 Rubel gehandelt.

Ein russischer Rubel wird in Weißrussland mit 267 bis 305 „Häschen“ aufgewogen.

Diesmal Kursfreigabe bis auf Schwarzmarktniveau


Bereits Ende Mai hatte sich die weißrussische Führung bereits einmal zu einer deutlichen Abwertung der krisengeplagten Landeswährung entschlossen. Allerdings blieb der Abwertungs-Schritt mit etwa 55 Prozent noch immer unter den Schwarzmarktkursen. Dort wurde der Belarus-Rubel auch weiterhin etwa 25 Prozent schwächer bewertet als nach den amtlichen Kursen.

Letzte Planwirtschaft Europas am Ende


Auch 20 Jahre nach dem Ende der Sowjetunion ist die weißrussische Wirtschaft nach wie vor stark von planwirtschaftlichen Elementen und einem hohen Anteil von Staatsbetrieben geprägt. Die weltweite Wirtschaftskrise, aufgehäufte Schulden, aber auch die von Russland in jüngerer Vergangenheit durchgesetzten höheren Preise für Öl und Gas haben dieses Wirtschaftssystem jedoch geradezu in die Knie gezwungen.

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• Hamsterkäufe: Weißrussen bunkern säckeweise Zucker (28.07.2011)
• Neue Protestform in Minsk: Weckerklingeln unisono (11.07.2011)
• Weißrussland: Grenzen schließen und Import verbieten? (17.06.2011)
• Minsk wertet weißrussischen Rubel um die Hälfte ab (24.05.2011)
Wegen Devisenmangels kam der Import von Gütern, aber auch von Materialien und Gerätschaften für die Industrie fast zum Stillstand. Hinzu kam, dass die Bevölkerung das Vertrauen in die Landeswährung verlor und fast um jeden Preis Devisen kaufte.

Als dies nicht mehr legal möglich war, wurde das Land im Mai von Hamsterkäufen geplagt, die sowohl langlebige Konsumgüter als auch unverderbliche Lebensmittel wie Salz und Zucker betrafen.

Die von Russland angeführte „Eurasische Wirtschaftsgemeinschaft“ billigte Weißrussland einen Kredit über 3 Mrd. Dollar zu, der allerdings nur in Tranchen bis 2013 ausgezahlt werden soll. In diesem Jahr erhält Minsk nur 1,24 Mrd. Dollar – zu wenig, um die Lage zu stabilisieren. Zum Jahresende wird mit einer Inflationsrate von 100 bis 110 Prozent zu rechnen sein, so heute der russische Nachrichtensender Rossija24.

Minsker Zentralbank verbreitet Optimismus


Die weißrussische Zentralbank erklärte nach dem heutigen Kursrutsch optimistisch, dass sie in den nächsten anderthalb Monaten eine Stärkung des Rubel-Kurses erwarte. In dieser Zeit werde sich auch der offizielle und der freie Kurs nach und nach angleichen.

Möglicherweise könne das Land dann sogar auf einen angepeilten Kredit des Internationalen Währungsfonds verzichten, hieß es. Minsk hatte angekündigt, beim IWF um 8 Mrd. Dollar Nachzusuchen, um die Wirtschafts- und Währungskrise zu überwinden.



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Frank Wernet 05.10.2011 - 08:58

Mut zur Lücke wird sich lohnen

Meine Frau stammt aus Minsk-deshalb verfolge ich die Entwicklung von Weißrussland mit großem Interesse - und großer Sorge.
Das Land verfügt über ein sehr großes Potential und die Menschen streben nach Erleichterung und Wohlstand.
Als Deutscher und als Manager weiß ich, daß Wohlstand durch Fleiß allein nicht entsteht - sondern nur, wenn für die Menschen dadurch ein Ziel greifbar und realisierbar erscheint.
Ich kann den Verantwortlichen des Landes nur empfehlen, sich darauf zu konzentrieren, ihren Ihnen anvertrauten Menschen den notwendigen Rahmen zu schaffen, durch Leistung Werte zu schaffen und ansonsten die wirtschaftliche Entwicklung den Unternehmen und dem fairen Wettbewerb zu überlassen - das erfordert gerade für planwirtschaftlich geprägte Verantwortliche einen großen Mut - aber eben auch sehr große Chancen, das Land von Resignation und Vetternwirtschaft zu befreien, die ansonsten Weißrusslands Wirtschaft nach und nach strangulieren werden. Währungsabwertungen, wie wir sie aktuell erleben, sind da nur der Anfang vom Ende einen überdenkenswerten Strategie.
Den Hang der Regierenden, alle Eventualitäten vorausschauend zu regeln empfinde ich - sicherlich aus der Entfernung - als Bevormundung der Menschen, die Ihrerseits mit Resignation und Desinteresse reagieren - ein tödlicher Cocktail für jede wirtschaftliche Entwicklung!
Aufschwung kann nicht verordnet werden, aber soziale und wertorientierte Leitlinien können die Menschen unterstützen, den Mut zu entwickeln, ihre Kraftreserven zu mobilisieren.
Ich liebe dieses Land Weißrussland und deshalb stimmt es mich sehr traurig, die aktuelle Entwicklung zu verfolgen.

Stuttgart, 05.10.2011


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