St. Petersburg. Nachdem alle wichtigen Wahlen glücklich überstanden sind, greift die Stadtregierung zu unpopulären, aber notwendigen Maßnahmen. In nächster Zeit sollen die Kosten für die technische Unterhaltung der Häuser im Durchschnitt um 20 Prozent steigen. Leute mit zu viel Wohnraum müssen allerdings damit rechnen, dass die Nebenkosten bis zu 100 Prozent teurer werden.
Der Zustand des Wohnungssektors gehört sicher zu den dringendsten Problemen von St. Petersburg. Eine Reform wird seit Jahren angestrebt, versucht und wieder aufgegeben. Wer in Petersburg lebt, weiß ein Lied zu singen von altersschwachen Leitungen und unwilligen und unfähigen Hausverwaltungen, Schäden zu beheben und Haus und Hof in Schuss zu halten.
Die Hausverwaltungen sehen den Grund für den desolaten Zustand in der mangelnden Finanzierung der technischen Unterhaltung des Wohnungssektors und den jämmerlich niedrigen Löhnen ihrer Mitarbeiter. Die Bewohner beschweren sich dagegen über ständig steigende Kosten und proportional immer schlechter werdende Leistungen. Tatsache ist, dass stadtweit ca. 50 Prozent der nötigen Klempner, Dachdecker und Hausmeister fehlen.
Vizegouverneur Oleg Wirolainen, der die Gesetzesinitiative der Stadtregierung am Dienstag vorstellte, wies darauf hin, dass die seit Jahren kontinuierlich steigenden allmonatlichen Rechnungen die Preisentwicklung für Wasser, Gas und Strom widerspiegeln, die Tarife für den Unterhalt der Häuser aber seit sechs Jahren auf der Stelle treten. Das soll nun geändert werden.
Um die geplante Reform in Gang zu bringen, muss die Gesetzgebende Versammlung zunächst die Anhebung der so genannten „sozialen Wohnraum-Norm“ absegnen. Nach den Plänen des Smolny sollen Familien mit drei und mehr Angehörigen 18 Quadratmeter Wohnraum pro Nase zustehen; Ehepaaren werden 42 Quadratmeter zugesichert, Einzelpersonen 33. Damit würden die Petersburger Normen an die auf föderaler Ebene geltenden angepasst.
Von dieser „Sozialnorm“ soll dann die Preisreform starten. Wirolainen prognostiziert einen durchschnittlichen Anstieg der Ausgaben von Seiten der Bewohner um 15 bis 20 Prozent. Wobei Leute mit niedrigem Einkommen und Recht auf soziale Ermäßigungen (Rentner, Invaliden u.ä.) weniger zur Kasse gebeten werden als besser situierte Bevölkerungsteile. Besitzt jemand z.B. eine Zweit- oder gar Drittwohnung, muss er mit empfindlichen Zusatzbelastungen rechnen.
Härter als bisher will die Regierung auch gegen notorische Mietschuldner vorgehen. Laut Gouverneurin Valentina Matwijenko schulden die Nicht-Zahler dem Staat 2,8 Milliarden Rubel. Sie ist der festen Überzeugung, dass die Leute zahlen könnten, aber nicht wollen und ihnen der Kampf angesagt werden muss. In Zukunft sollen diese gewissenlosen Bürger per Gerichtsbeschluss entweder zum Zahlen oder zum Verlassen des Wohnraums gezwungen werden.
Diese Maßnahme ist jedoch so neu nicht. Kampfansagen an Zahlungsmuffel hat es in den letzten Jahren nicht wenige gegeben, genützt haben sie bis jetzt eher wenig.
(sb/.rufo)
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