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02-03-2004 Neue Reportagen

Caritas: Brötchen gegen Ignoranz

Obdachloser, Foto: DjatschtschkowVon Stephanie Prochnow, Moskau. Vorbei an der Glitzerwelt des Casinos „Super-Slot“, den Wechselstuben und Fastfood-Buden steuern Sebastian, Friederike, Mascha, Lena und Wassilij zielstrebig auf den Sawjolowski-Bahnhof zu. Doch kaum haben sie die Eingangshalle mit den unzähligen Lüstern betreten, stehen plötzlich drei Polizisten vor ihnen.

Die fünf Caritas-Freiwilligen biegen in die Wartehalle ab. „Das ist ein echtes Problem, dass überall Polizei ist“, meint Sebastian. Er ist der Erfahrenste im Bereich Sozialarbeit. 1 ½ Jahre ist der junge Mann mit den schulterlangen, brauen Haaren und der Brille bereits in Moskau. Doch die Aktion heute hat nichts mit seiner täglichen Arbeit zu tun. Gestaltet er sonst die Webseite der Caritas, ist der 22jährige heute unterwegs, um Obdachlose mit Butterbroten zu versorgen.

Es ist die Probe für ein neues Projekt, das von einem Amerikaner finanziert wird. Mehrere Tausend Dollar hat er unter der Auflage gespendet, dass alles Geld ohne administrative Abzüge den Armen zugute kommt. Anja Fischer, die vor kurzem ihren anderthalbjährigen Freiwilligendienst beendet hat und weiter in Moskau arbeiten möchte, hat sich der Aufgabe angenommen. Sie sucht Freiwillige, informiert sich über Obdachlosenhilfe, knüpft Kontakt zu anderen Organisationen und ist dabei, ein Konzept zu erarbeiten. Für den Traum von einer Suppenküche wird das Geld kaum reichen. Deshalb hat Anja die fünf Freiwilligen heute erst einmal mit einem Kleinbus und vier Plastiktüten voll Käse-Schinken-Stullen auf die Reise geschickt.


Sebastian und Friederike in dem Kleinbus, Foto: ProchnowDoch schon an der ersten Station erweist sich die Mission schwerer als geahnt. „Die Obdachlosen sind wie vom Erdboden verschluckt“, sagt Sebastian leicht genervt. „Ja“, lacht Friederike „das ist wie beim Einkaufen. Wenn man etwas sucht, findet man es nicht.“ Erst am Eingang zur Metro werden die Fünf fündig. Hier, wo es etwas wärmer ist, dösen zwei in Wattejacken eingemummte Frauen. Ein wenig unentschlossen bleiben die Jugendlichen stehen. „Was sollen wir denn sagen“, fragt Friedericke peinlich berührt. Eine der Frauen ist leicht eingenickt. Als Friederike sie wachrüttelt, nimmt sie verdutzt das halbe Baguette in Empfang. „Mann, die waren total perplex“, freut sich Sebastian.

Durch die schmuddelige Fußgängerunterführung vorbei an dicken Frauen, die auf der Treppe Nüsse, Pullover, Strohpantoffeln und Blumen feilbieten, geht es weiter zum Eingang der U-Bahn. Vor den Klapptüren steht eine große Gruppe Obdachloser - Männer und Frauen. Doch wieder gibt es Probleme. Zwei Streifenpolizisten versuchen die Leute aus ihrer warmen Ecke zu vertreiben. „Egal“, meint Sebastian. Während die anderen beginnen, die Brötchen zu verteilen, zückt er seinen Fotoapparat. Schließlich soll die Aktion dokumentiert werden. Als sich einer der Wachleute zwei Meter neben ihm aufbaut, ziehen die Jugendlichen es vor, zu verschwinden. „Der Frau wollte kein Brötchen“, sagt Friederike traurig. „Manche sind so zugesoffen, dass sie nur noch apathisch sind.“


Friederike spricht mit einem Obdachlosen, Foto: ProchnowKurze Zeit später muss die 18jährige eine noch extremere Erfahrung machen. In einer Ecke des Rischski-Bahnhofs entdeckt sie einen Mann mit abgewetzter, stinkender Kleidung, der unbeweglich auf dem Rücken liegt. Vorsichtig schubst sie ihn an, aber er reagiert selbst dann nicht, als das Mädchen ihn an der Mütze packt und seinen Kopf anhebt. „Warum müssen die auch soviel saufen?“, sagt Friederike und ihre Stimme schwankt zwischen Wut und Kummer. Sie legt dem Mann ein Brötchen in die Plastiktüte. Doch kaum hat sie sich ein paar Meter entfernt, kommen zwei Polizisten und treten den Schafenden bis er sich aufrappelt. Hilflos hat Friederike zugesehen. „Die sind so brutal“, regt sie sich auf, geht zu dem Betrunkenen zurück, hilft ihm auf die Beine und gibt ihm noch ein Brötchen. Doch er starrt sie nur mit verständnislosem Blick an.

„Manchmal bin ich total frustriert. Du kannst den Menschen nicht helfen. Wir geben ihnen zu Essen. Aber was ist das schon. Es ist schon toll, wenn wir nur ein Lächeln bei ihnen hervorrufen können“, sagt Friederike. Sie möchte Erzieherin werden und arbeitet in Moskau hauptsächlich in einem Heim für behinderte Kinder. Am schlimmsten findet sie die Einstellung der russischen Gesellschaft: „Die Menschen sind resigniert. Die schauen einfach weg.“ „Klar“, meint Sebastian. „Hier gab es 80 Jahre lang keine Obdachlosen. Bis die Leute das Problem kapieren, dauert es wohl noch eine Generation“.

Mittlerweile sind zwei Brötchentüten leer und die Jugendlichen fahren zu ihrer nächsten Station. Vor dem Fenster des Busses ziehen frisch getünchte Kirchen, Juweliergeschäfte und Computerläden vorbei. Sebastian und Friederike schweigen. Auf den hinteren Bänken plaudern Lena, Wassilij und Mascha. Die drei Pfadfinder sind das erste Mal bei einer solchen Hilfsaktion dabei. „Wir wollten einfach mal mitmachen – als Erfahrung für uns“, erzählt Wassilij und fügt lächelnd hinzu: „Es ist schon komisch. Normalerweise ist man froh keine Obdachlosen zu treffen und jetzt suchen wir suchen sie.“


Zwei Obdachlose in Moskau, Foto: SebastianAngekommen auf dem Platz der drei Bahnhöfe durchqueren die Jugendlichen eine Menschenansammlung mit karierten Plastiktaschen, die zwei Fahrkartenschalter belagert. In der Bahnhofsvorhalle spricht Friederike einen alten Mann mit dreckiger Kleidung und schäbiger Fellmütze an. Auf die Frage „Möchten sie etwas zu essen“ wird er plötzlich aufdringlich, läuft hinter der Gruppe her: „Ich bin reich“, ruft er den Jugendlichen nach, die sich schnell aus dem Staub machen.

Allmählich sind alle etwas erschöpft. Über drei Stunden waren sie unterwegs. Eine Tüte mit Brötchen ist übriggeblieben. „Wenn ihr nichts dagegen habt, esse ich jetzt eins“, sagt Sebastian frustriert. Kurz beratschlagen die fünf über ihr weitere Vorgehen. Vielleicht wollen sie das nächste Mal auf den Kleinbus verzichten und vor den Metrostationen nach Obdachlosen suchen. Zur weiteren Koordinierung werden noch schnell Handy-Nummern ausgetauscht. Dann machen sich alle auf den Weg nach Hause. Noch in der Metro hält Friederike weiter Ausschau nach Obdachlosen. „Eigentlich“, resümiert sie „müsste man immer eine paar Brote bei sich haben.“
Caritas
Dmitrowskoje Chaussee 5
Eingang 13, 6. Etage
Metro: Timirjasewskaja
Tel.: 9560585


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