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Stadtnachrichten    
Moskau     

16-07-2004 Moskau Stadt-Nachrichten

Russland auf der Suche nach seiner Hauptstadt
Petersburg denkt, doch Moskau lenkt? Foto: Deeg/.rufoSt. Petersburg. Mit einer unvorsichtigen Bemerkung brachte Petersburgs Gouverneurin Valentina Matwijenko Mitte der Woche erneut die Diskussion um die Verlegung eines Teils der Hauptstadtfunktionen an die Newa in Gange. Ob es sich dabei um einen bedauerlichen Versprecher handelte oder eben doch um pure Absicht, ist nun Gegenstand der Diskussion.

Am Mittwoch Abend hatte Matwijenko bei einem Treffen mit amerikanischen Geschäftsleuten mitgeteilt, die russische Regierung hätte endlich „die Entscheidung getroffen“, einen Teil der Hauptstadtfunktionen nach Petersburg zu verlagern. Und: „In allernächster Zeit wird dies offiziell bekannt gegeben.“ Es war noch nicht Mitternacht geworden, da kam im Eiltempo das Dementi aus Moskau. Am nächsten Morgen machte dann auch Matwijenko einen Rückzieher.

Am Donnerstag erklärte die Stadtherrin den auf diese sensationelle Meldung in Scharen herbeigeeilten Journalisten, man hätte ihre Worte falsch interpretiert. „Es herrscht Verständigung darüber, welche Strukturen nach Petersburg verlegt werden können“, aber „es wurden keine offiziellen Beschlüsse gefasst, schon gar nicht auf Regierungsebene“. „Man hat mich einfach falsch verstanden.“

Fradkow ist sauer
Premierminister Michail Fradkow war laut „Iswestija“ sichtlich verärgert, als er bei einem Besuch in Archangelsk zu dem leidigen Thema befragt wurde. „Die Regierung hat solche Entscheidungen nicht getroffen, diese Fragen wurden nicht erörtert!“, sagte er in einem Ton, der jede Art von Nachfrage im Keim erstickte.

Kompromissbereiter zeigte sich Vize-Premier Alexej Kudrin. Was er sagte, kann aber auch nur als Versuch der Ehrenrettung für die vorlaute Matwijenko gewertet werden: Seiner Meinung nach steht aktuell lediglich das Staatsarchiv auf der Liste der zum Umzug vorgesehenen „föderalen Organe“. Matwijenko beeilte sich dann auch, ihren Hauptstadthunger auf das Archivwesen und den Denkmalschutz einzuschränken, um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.

Um welche Regierungs-Institutionen geht es?
Vor Monaten lief bereits die Diskussion um die Verlagerung der obersten Gerichtsbarkeiten in die Nördliche Hauptstadt (russland-www.aktuell.RU berichtete). Für einen eventuellen Umzug der Zentralbank machen sich u.a. die „Moskauer Petersburger“ Sergej Mironow und Gennadi Selesnjow stark. Ilja Klebanow, Präsidenten-Bevollmächtigter der Nordwest-Region, denkt über den Umzug der Flottenleitung und eines Teils der Schiffbau-Behörden nach, wobei er aber selbst zugibt, man solle es doch besser bei den Gerichten belassen.

Luschkow pocht auf die Verfassung
Moskaus Bürgermeister Juri Luschkow fühlt sich in dieser für seine Stadt so entscheidenden Frage natürlich übergangen. Aber – ganz Gentleman – kleidet er seine Antihaltung in schöne Worte. Moskau hätte nichts dagegen, einige Funktionen abzutreten, aber erstens sollte man doch erst einmal Moskau fragen, ob es denn auch einverstanden ist mit den Änderungen. Und zweitens müsse dafür die russische Verfassung geändert werden. Da steht nämlich schwarz auf weiß geschrieben, dass die einzige und alleinige Hauptstadt des Landes Moskau ist.

Bei russland-www.aktuell.RU
• Höchste Gerichtsbarkeiten ziehen an die Newa? (10.10.03)
• Bauvorhaben: Petersburg guckt in die Röhre (12.07.04)
Will Matwijenko einen Handel eingehen?
Wer Frau Matwijenko kennt, wird sich kaum zu der Annahme verleiten lassen, die Worte vom Mittwoch seien ein unbeabsichtigter Ausrutscher gewesen. Vielleicht wollte sie schon mal das Feld für den an diesem Wochenende anstehenden Besuch von Wladimir Putin in Petersburg bestellen?

Bei dem Gespräch soll es um die Unterstützung der großen Petersburger Investitions-Programme seitens der Regierung gehen. Da es in letzter Zeit zäh läuft mit dem Geldfluss aus Moskau, ist Matwijenkos Taktik vielleicht auf lautes Wachrütteln gerichtet. Mag vielleicht gar der Wunsch dahinterstehen, sich auf einen Handel einzulassen? In dem Sinne: Ihr gebt uns das Geld, das wir brauchen, und wir lassen euch dafür weiter Hauptstadt sein? (sb/.rufo)

© rUFO
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Die Kremlkuppeln glaenzen wie nach dem Fruehlingsputz. (Foto: Brixa/.rufo)
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