St. Petersburg. Der Wahlkampf um den Gouverneursposten hat anscheinend schon begonnen – lang bevor entschieden ist, wann die Wahl überhaupt stattfinden soll. Untrügliches Zeichen ist das Verhalten zweier Damen: Putins Vertreterin in der Nordwest-Region Valentina Matwijenko und Vizegouverneurin Anna Markowa stecken plötzlich ihre Finger in Dinge, die sie eigentlich nichts angehen.
Valentina Matwijenko (foto:ld/.rufo)
Letzte Woche inspizierte Valentina Matwijenko – eskortiert von einer Busladung Journalisten – mehrere Hinterhöfe im Moskowski-Stadtbezirk und war empört, wie schlecht es steht mit Sauberkeit und Ordnung jenseits der Jubiläumsobjekte. Es ist kaum anzunehmen, dass ihr Chef, Russlands Präsident Wladimir Putin, ihr diesen Job angetragen hat: Seit wann beinhaltet die Arbeitsplatzbeschreibung der bevollmächtigten Vertreterin des Staatsoberhaupts die Kontrolle von Müllcontainern und dreckigen Hauseingängen?
Es wird schon längst gemunkelt, dass Matwijenko in Wahrheit neue Chefin im Smolny zu werden beabsichtigt. Ihr im März erfolgter Wechsel von der Moskwa an die Newa erscheint in diesem Lichte betrachtet als Vorbereitung des Terrains, als Startrampe auf dem Weg zur ersten Lady der Stadt.
Die Inspektionstour am Moskowski Prospekt ist ein schlauer Zug in doppelter Hinsicht: Zum einen stellt die öffentliche Aufdeckung der unhygienischen Zustände hinter den zunehmend herausgeputzten Fassaden der Stadt die Stadtverwaltung bloß. Zum anderen ist das bürgernahe Plaudern mit dem „Mann von der Straße“ eine wunderbare Gelegenheit, sich ins rechte Licht zu rücken und damit potentielle Stimmen einzuheimsen.
Doch der Smolny schläft nicht und zahlt es der agilen Statthalterin mit gleicher Münze heim. Am selben Tag machte sich nämlich auch Vizegouverneurin Anna Markowa, in der Stadtregierung zuständig für juristische und Verwaltungs-Fragen, auf den Weg und inspizierte den Zustand der Straßen. Auch sie kehrte unzufrieden von ihrem Ausflug zurück und äußerte scharfe Kritik.
Hier stellt sich die Frage: Warum schickt Gouverneur Jakowlew seine Stellvertreterin auf ein Asphalt-Feld, mit dem sie überhaupt nichts am Hut hat und das er normalerweise höchstpersönlich beackert? Eine mögliche Antwort: Er baut Anna Markowa als seine Wunschnachfolgerin auf. Erst vor wenigen Wochen hatte er angekündigt, er werde bald den Namen dessen nennen, den (oder die?) er gern als Fortsetzer seiner Arbeit im Smolny sehen würde.
Wie dem auch sei: Keine der beiden Damen hat bisher offiziell verlauten lassen, dass sie sich um den Posten des Stadtchefs bewerben will. Und dennoch scheint die erste Runde im zukünftigen Kampf um die Macht in Petersburg eingeläutet zu sein. Die kommenden Jubiläumsfeiern werden beiden Damen sicher eine willkommene Gelegenheit bieten, sich weiter in dieser Richtung zu profilieren. Wir dürfen gespannt sein. (sb/.rufo)
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Die zwei Türme: Die goldene Kuppel der Isaaks-Kathedrale und die Nadel der Admiralität markieren weithin sichtbar das Petersburger Stadtzentrum. (foto: ld/rufo)