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Die polnische Präsidentenmaschine mit Lech Kaczynski an Bord zerschellte 2010 im Anflug auf Smolensk (Foto: TV/.rufo) |
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Freitag, 29.07.2011
Absturz in Smolensk: Polen legt seine Version vorWarschau. Eine polnische Untersuchungs-Kommission hat ihren Bericht über den Absturz des Präsidenten-Jets im April 2010 in Smolensk vorgelegt. Die Hauptverantwortung sieht sie bei ihren eigenen Militärfliegern.
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Der schon im Januar vorgelegte russische Untersuchungsbericht war in Polen heftig kritisiert worden, weil Russland darin die Schuld für den Tod von Präsident Lech Kaczynski und seiner fast 100 Begleiter fast vollständig bei der polnischen Besatzung sah.
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Das nun in Warschau publizierte 350-Seiten-Dokument kommt hingegen im Prinzip zu ähnlichen Schlussfolgerungen: Vier der sechs Hauptgründe für den Absturz sind selbst verantwortet - wobei die Frage der Gewichtung von wichtigen und weniger wichtigen Faktoren natürlich auch Abwägungssache ist.
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Hauptgründe: Schlechtes Training, keine Höhenkontrolle
So sei die Besatzung sowohl für den konkreten Flug wie auch für den Einsatz auf der Präsidentenmaschine vom Typ Tu-154 schlichtweg schlecht vorbereitet gewesen. Automatische Warnungen eines Kollisions-Schutzgerätes wie auch die Anzeigen des Standard-Höhenmessers wurden von der Crew während ihres wenig exakten Landeversuchs im dichten Nebel ignoriert. Auch das in den letzten Sekunden vor dem Aufprall eingeleitete Durchstart-Manöver erfolgte nach einem in dieser Situation falschen Schema.
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Russische Fehler: Lahmer Lotse und zu viele Bäume
Eine Mitverantwortung der russischen Seite sehen die polnischen Luftfahrtexperten in zwei Punkten: Zum einen hätte der Anflug-Lotse des Militärflugplatzes Smolensk-Nord dem polnischen Piloten zunächst Meldung gemacht, dass seine Maschine auf der korrekten Flugbahn zum Anflug sei. Dabei gab es zu diesem Zeitpunkt unzulässige Abweichungen um je etwa 120 Meter nach oben und zur Seite. Später habe der Lotse den polnischen Piloten, als dieser zu tief hereinkam, verspätet zum Höhenausgleich aufgefordert.
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Ein zweitrangiges Manko sieht der polnische Bericht auch beim Zustand des russischen Flugplatzes: Das Areal vor der Landebahn war stärker als zulässig mit Buschwerk und Bäumen bewachsen gewesen, was dazu geführt haben könnte, dass die Landebahnbeleuchtung nicht ideal sichtbar war und Funkwellen der Sender der Navigationseinrichtungen gestört wurden. Im Prinzip sei eine sichere Landung in Smolensk aber möglich gewesen, heißt es.
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Polnische VIP-Flugstaffel bekommt viel Fett weg
In dem Bericht werden hingegen reihenweise Fehler und Versäumnisse bei der Organisation, Vorbereitung und Durchführung des verhängnisvollen VIP-Fluges nach Smolensk aufgedeckt. Die Namen der Verantwortlichen werden dabei aber nicht genannt.
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Eine Bewertung der Schuldfrage sei Sache der Staatsanwaltschaft, hatte die polnische Regierung vor Veröffentlichung des Unfallreports erklärt. Der "ehrliche und solide Bericht" solle lediglich die Faktenlage widerspiegeln.
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Polnische Medien berichteten allerdings, dass bereits eine Liste von 150 Personen erstellt sei, die ihren Teil zu der Katastrophe und dem Tod des polnischen Staats-Chefs beigetragen haben - beim Militär, dass die VIP-Jets der Staatsführung betreibt, dürften noch einige Köpfe rollen.
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"Druck aus der Kabine" wird nicht bestätigt
Aus dem polnischen Bericht ergeben sich keine Anhaltspunkte für die von der russischen Seite in den Vordergrund gestellte Theorie, dass "Mitreisende", also Kaczynski selbst, sein Protokollchef oder der ebenfalls an Bord befindliche Luftwaffen-Chef die Besatzung unter Druck gesetzt hätten, die viel zu gefährliche Landung zu wagen.
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Die Rede ist lediglich davon, dass der Protokollchef von der Crew informiert wurde, dass man zunächst über Smolensk kreisen und dann einen Anflugversuch probieren wolle, sich aber auch über einen Ausweichlandeplatz Gedanken machen müsse. Kaczynski hätte "noch keine Entscheidung getroffen", teilte der Protokollchef etwas später der Besatzung mit.
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Der Pilot - zu sehr von sich selbst überzeugt
Der Chefpilot der Maschine wird in dem Bericht als "von hohem Intellekt", aber auch mit einer Neigung zu Improvisationen beschrieben. Er habe sich bei Entscheidungen vor allem auf seine fliegerische Erfahrung gestützt - und dementsprechend weniger auf die konkreten Regeln in bestimmten Flugsituationen. Außerdem habe er wegen seiner besseren Russisch-Kenntnisse auch noch den Funkverkehr abgewickelt.
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Alles zusammen hätte zu einer Überforderung in der aufgrund der Wetterlage hochkritischen Anflugsituation geführt, so dass wesentliche Umstände und Informationen im Cockpit unberücksichtigt blieben.
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