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Metropolit Kyrill wird für die Messe vor dem Bischofskonzil angekleidet, auf dem die Vorentscheidungen über die Wahl des Patriarchen fallen (Foto: Djatschkow/.rufo)
Metropolit Kyrill wird für die Messe vor dem Bischofskonzil angekleidet, auf dem die Vorentscheidungen über die Wahl des Patriarchen fallen (Foto: Djatschkow/.rufo)
Sonntag, 25.01.2009
Aktualisiert 25.01.2009 19:40

Russisch-Orthodoxe Kirche wählt ihr Oberhaupt

Moskau. In Moskau tagt das Bischofskonzil der russisch-orthodoxen Kirche, um in geheimer Abstimmung drei Kandidaten für die Wahl des Patriarchen auf dem Kirchenkonzil am Dienstag festzulegen. Die Prozedur ist deutlich demokratischer als die Papstwahl.


Im Kirchenkonzil mit seinen über 700 Stimmberechtigten wird die Mehrheit nicht von der Kirchenführung bestimmt, sondern an der Kirchenbasis gewählt - zumindest den Statuten nach.

Bei Russland-Aktuell
• Kyrill, Kliment und Filaret für Patriarchenamt nominiert (25.01.2009)
• Kyrill gewinnt „Vorausscheid“ bei Patriarchenkür (26.01.2009)
Als aussichtsreichste Anwärter gelten Kyrill, der Statthalter des Patriarchen nach dem Tode von Alexi II. und Kliment, der Vermögensverwalter und Geschäftsführer des Moskauer Patriarchats.

Kyrill, Metropolit von Smolensk und Kaliningrad und im Patriarchat zugleich Leiter der Abteilung für Außenbeziehungen, ist gegenwärtig der in Russland wohl bekannteste und beliebteste Kirchenmann. Der hervorragende Rhetoriker und Prediger ist Vertreter eines pragmatisch-konservativen Kurses.

Metropolit Kliment ist dagegen in der Öffentlichkeit kaum bekannt, hat aber starke Positionen im Klerus. Über seine kirchenpolitische Orientierung weiss man wenig.

Als dritter Kandidat kommt wahrscheinlich Metropolit Juvenalis in Frage, der mit seinen 73 Jahren und angeschlagener Gesundheit aber wenige Chancen hat, trotz seines hohen Ansehens in der Geistlichkeit.

Das letzte Wort hat das Kirchenvolk - zumindest laut Satzung


Ausschlaggebend bei der Wahl dürfte aber die Stimmung im Kirchenvolk werden.

Dem Kirchenkonzil, das das letzte Wort hat, gehören insgesamt über 700 Delegierte an, von denen fast die Hälfte nicht aus Russland selbst stammt.

Etwa ein Viertel der Abgesandten kommt aus der Ukraine, vertreten sind alle GUS-Staaten, Europa, Amerika und Japan. Beteiligt sind auch Delegierte der russisch-orthodoxen Auslandskirche, die sich im vergangener Jahr wieder dem Moskauer Patriarchat angeschlossen hatte.

Nur 200 von über 700 Delegierten sind kirchliche Würdenträger


Nur etwa 200 der über 700 Delegierten sind hohe Würdenträger der Kirche: die Metropoliten und Bischöfe sowie die Rektoren der geistlichen Akademien und Seminare. Aus jedem Bistum wird zusätzlich jeweils ein Geistlicher, ein Mönch und ein weltlicher Vertreter der Kirchengemeinden entsandt. Auch sie haben volles Stimmrecht.

200 Bischöfe beten dafür, dass die Wahl des Patriarchen im Geiste der Eintracht verläuft (Foto: Wassili Djatschkow/.rufo)
200 Bischöfe beten dafür, dass die Wahl des Patriarchen im Geiste der Eintracht verläuft (Foto: Wassili Djatschkow/.rufo)

Das "Kirchenparlament" wurde fast ganz entmachtet ...


Das Kirchenkonzil ist das höchste Entscheidungsorgan der russisch-orthodoxen Kirche, ist aber seit der Wahl des jetzt verstorbenen Patriarchen Alexi II. im Jahre 1990 nicht mehr zusammengetreten, obwohl im Kirchenstatut ursprünglich festgelegt war, dass es mindestens alle fünf Jahre stattfinden muss. Diese Regelung wurde aber im Jahre 2000 von dem Heiligen Synod gestrichen. Dem Heiligen Synod gehören der Patriarch selbst und die Metropoliten an.

... bestimmt aber den "russisch-orthodoxen Papst"


Die Wahl des Oberhauptes der Kirche und damit von weit über 100 Millionen russisch-orthodoxen Gläubigen in aller Welt blieb aber in der Kompetenz des Konzils. Das "Kirchenparlament" muss im Laufe von höchstens sechs Monaten nach dem Tode des Patriarchen einen Nachfolger bestimmen. Dieser wird auf Lebenszeit gewählt.

Eine politische Wahl


Die Wahl des "Patriarchen von Moskau und ganz Russland" war schon im Jahre 1990 auch eine politische Wahl und wird es auch diesmal sein. Unter den weltlichen Delegierten des Konzils sind auch zahlreiche Spitzenbeamte und Geschäftleute aus den russischen Regionen.

In russischen Medien wird schon gescherzt, "das einige Russland wählt seinen Patriarchen" - gemeint die Kremlpartei "Einiges Russland".

Bei Russland-Aktuell
• Kyrill: Vordenker, Außenminister - und Patriarch? (11.12.2008)
• Patriarch Alexi II. aufgebahrt - Nachfolger gesucht (II) (06.12.2008)
• Russisches Weihnachten: Kirche will sozialen Frieden (06.01.2009)
• Über zwei Millionen Gläubige bei Weihnachtsmessen (07.01.2009)

Es kann überraschungen geben ...
Allerdings ist die Wahl doch noch nicht ganz entschieden, denn Kyrill ist zwar in der Öffentlichkeit der stärkere der beiden Favoriten. Er hatte sich aber mit dem Kreml angelegt, der daraufhin auf den Metropoliten Kliment setzte, der als "Apparatschik" über starke Positionen im Klerus verfügt.

Kyrill hatte sich zum Beispiel gegen die Mitarbeit der Kirche in der von Putin organisierten "Gesellschaftskammer" bzw. "Bürgerkammer" ausgesprochen - woraufhin Kliment in diese Kammer kooptiert wurde, die ein wichtiges Forum für russische Zivilgesellschaftselemte geworden ist.

Abgesehen von der Frage, welcher der beiden Metropoliten das Rennen macht, könnten vielleicht auch Auslandsdelegierte für Überraschungen sorgen. Aber auch in Russland selbst und in der russisch-orthodoxen Geistlichkeit gibt es immer wieder populäre Abweichler, die das Moskauer Patriarchat teils heftig kritisieren.

Kirchenkonzil kann selbst Kandidaten nominieren


Es ist nicht ganz auszuschliessen, dass während des Kirchenkonzils von diesem selbst noch ein weiterer Kandidat ins Spiel gebracht wird. Der Satzung nach Hätte das Konzil das Recht dazu.

Aber dank akribischer Vorbereitungen dürfte es wohl zu Entgleisungen kommen. Bevor die 198 registrierten Miglieder des Bischofskonzils am Sonntagnachmittag jeweils ein Kreuzchen hinter einem der 145 möglichen Anwärter machten, um die drei Spitzenkandidaten so festzulegen, beteten sie - unter Anleitung des Metropoliten Kyrill - dafür, dass die Wahl im Geiste der Eintracht verlaufe.

Warum dauert das Auszählen von 198 Stimmzetteln länger als anderthalb Stunden?


Allerdings tauchten dann am Sonntagnachmittag doch unerwartete Probleme auf: Die Abstimmung war zwar pünktlich um 17:00 Ortszeit beendet - die Auszählung dauerte aber länger als anderthalb Stunden. Es liege u.a. anderem daran, dass jeder Stimmzettel 10 Seiten hat, hiess es.

Nach der öffentlichen Eröffnung des Konzils war die weitere Personaldebatte der Kirchenfürsten hinter verschlossenen Türen verlaufen. Alle Nicht-Mitglieder des Konzils inklusive Journalisten und technische Mitarbeiter wurden des Saales verwiesen.
Das neue Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche soll am kommenden Dienstagnachmittag feststehen und am 1.Februar mit einem Gottesdienst feierlich in sein Amt eingeführt werden.



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