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Auch gebündelt ist der Rubel immer weniger wert (Foto: Archiv)
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Mittwoch, 05.11.2014

Rubel-Rutsch: Russlands Zentralbank gibt den Kurs frei

Moskau. Russlands Zentralbank will nicht länger ihre Reserven für Stützungskäufe auf dem Devisenmarkt verheizen. Der Rubelkurs wird nun dem freien Spiel des Marktes überlassen – vorerst geht es drastisch abwärts.

Russlands Wirtschaft muss sich an neue Realitäten gewöhnen. Nach 15 Jahren Jahren mit relativ guter Kursstabilität und wird der Rubel in diesem Herbst plötzlich wieder zur Weichwährung: Innerhalb eines Monats ging der Kurs um 11 Prozent gegenüber Dollar und Euro zurück.

Nun hat die russische Zentralbank faktisch kapituliert und ihre bisher um jeden Preis durchgezogene Politik der Einhaltung eines vorgegebenen Kurskorridors ad acta gelegt. Die Staatsbank verkündete am Mittwoch, ihre Valuta-Interventionen an der Moskauer Devisenbörse zur Stützung des Rubelkurses in Zukunft auf maximal 350 Millionen Dollar pro Tag zu begrenzen.

Angesichts eines Marktvolumens von täglich sieben bis zehn Mrd. Dollar werden die Verkäufe der Staatsbank in Zukunft kein Faktor mehr sein, der das Kursgeschehen wesentlich beeinflussen kann. Der Rubel wird damit weitgehend dem freien Spiel der Marktmächte überlassen – Perspektive ungewiss.

30 Mrd. Dollar verkauft - dem Rubel half es kaum


Zuletzt hatte die Zentralbank bis zu 3 Mrd. Dollar am Tag auf den Devisenmarkt geworfen, um ein Gegengewicht zur Flucht aus dem Rubel zu schaffen und Kursspitzen zu kappen. Angesichts allgemeiner Abwertungserwartungen war sie oft der einzige große Devisenverkäufer. Insgesamt summierten sich die Interventionen im Oktober auf 29 Mrd. Dollar – wobei der letzte Oktober-Freitag, an dem der notorisch schwächelnde Rubelkurs offenbar aufgrund einer spekulativen Attacke plötzliche wilde Kurssprünge in beiden Richtungen machte, noch gar nicht mitgerechnet ist.

Allerdings war der tiefe Griff in die staatlichen Devisenreserven nicht ausreichend, um einen dramatischen Wertverlust der russischen Währung aufzuhalten. Am Mittwoch erreichte der Dollarkurs mit 44,40 Rubel und der Eurokurs mit 55,62 Rubel erneut ein historisches Hoch – und zugleich Werte, die noch vor kurzem von Fachleuten als Worst-case-Szenarien dargestellt wurden.

37 Prozent Wertverlust in einem Jahr


Gleichentags teilte die Zentralbank mit, dass sie durch ihren Verzicht auf die unbegrenzten Interventionen zur Einhaltung des bisherigen Kurskorridors hofft, Börsen-Spekulationen gegen den Rubel in Zukunft zu verhindern. Allerdings behält sie sich vor, mit größeren Beträgen auf dem Markt einzugreifen, sollte in Ausnahmesituationen die Stabilität des Finanzmarktes bedroht sein.

Auf das Jahr betrachtet ist der Rubel jetzt 27 Prozent (gegenüber dem Euro) bzw. 37 Prozent (gegenüber dem Dollar) weniger wert als zu der Zeit, als es noch keine Krimkrise, keinen kriegerischen Konflikt um die Ostukraine und keine gegenseitigen Wirtschaftssanktionen gab.

Ölpreis und Ukrainekrise ziehen den Rubel runter


Noch mehr als die außenpolitischen Lage ist aber der aktuelle Preisverfall beim Erdöl Grund für Russlands Währungskrise: Statt wie früher deutlich über 100 Dollar pro Barrel spült das für Russland existenzwichtige Ölgeschäft jetzt nur noch knapp über 80 Dollar in die Kassen.

Bei Russland-Aktuell
• 50 - 52 - 54: Der Kurs des Rubel rutscht immer tiefer (28.10.2014)
• Der Rubel rollt – immer schneller abwärts (14.10.2014)
• Falls Sanktionen Wirkung zeigen, dann eher positiv für Putin (22.09.2014)
• Russlands Gegensanktionen: Borschtsch ersetzt Obstsalat (07.08.2014)
• Russland bekommt die Quittung, die Ukraine eine Chance? (03.03.2014)
Dem russischen Staatshaushalt kommt die Abwertung der russischen Währung zunächst einmal sogar gelegen: Die Öleinnahmen – respektive die auf den Export von Öl, Gas und anderen Rohstoffen erhobenen Zölle – spülen so deutlich mehr Rubel in die Staatskasse als zuvor, was die Verluste durch die sinkenden Preise partiell kompensiert.

Die in Rubel gerechneten Staatsausgaben wie Löhne und Sozialleistungen dürften deshalb auf absehbare Zeit gewährleistet sein – im Gegensatz zu langfristig geplanten Großprojekten zur Verbesserung der Infrastruktur oder auch nur des Images, siehe Olympiabauten in Sotschi oder die 2018 anstehende Fußball-WM.

Hilft Patriotismus gegen Inflation?


Die mit dem Rubelverfall einhergehende Wirtschaftsflaute und die unweigerlich anziehende Inflation werden den Bürgern jedenfalls schnell auf den Geldbeutel und die Laune schlagen. Denn eine deutliche Verteuerung von Auslandsreisen und allen Importwaren ist abzusehen – sofern sie nicht, wie die meisten Lebensmittel aus den EU-Staaten, im Rahmen der russischen Gegensanktionen mit einem Embargo belegt wurden. Doch nur die wenigsten Produkte konnten bisher in größerem Umfang durch erhöhte Eigenproduktion oder Rubel-affine Importe aus Weißrussland oder Usbekistan ersetzt werden.

Das durchaus langmütige und krisengewohnte Volk in Russland wird also wieder einmal den Gürtel enger schnallen müssen. Und es stellt sich die Frage, ob das damit verbundene Stimmungstief erneut mit den von den staatstreuen Medien massiv geschürten patriotischen Gefühlen („Die Krim ist unser!“) kompensiert werden kann.

Und ob der noch auf einer Welle der absoluten Zustimmung surfende Präsident Wladimir Putin – laut Forbes in diesem Jahr der einflussreichste Mensch der Welt – nicht alsbald zuhause durch schäumenden Unmut tauchen muss.



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Leser-Kommentare zu diesem Artikel (und Kommentare zu Kommentaren): ↓

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Royaler 07.11.2014 - 00:38

Jetzt können wir allmählich Russland billig aufkaufen

und wie passend:
Für Russen geht jetzt bald gar nichts mehr mit dem Einkauf von Westprodukten. 40 50 60 ist erreicht im europäisch russischen merkantilen Verhältnis.
Nur dumm, dass kein Europäer in ein so aggressiv gesinntes länderraubendes Russland reisen will. Also nix wird man an die Touristen los.
Und selbst Tourist in Europa sein, fällt wohl erst mal dank Krimgewinn weg.
Schöne patriotische Heimataussichten für den Russen.
Na bitte, geht doch.
Der Preis machts und zeigt ganz praktisch, dass sich Klauen von Geschenken rächt. Obama hats gesagt. Und so isses.


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