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Marschieren gehört zum Alltag des russischen Soldaten - Prügel auch (Foto: Djatschkow/.rufo)
Marschieren gehört zum Alltag des russischen Soldaten - Prügel auch (Foto: Djatschkow/.rufo)
Mittwoch, 07.10.2009

Russlands Wehrpflichtige: Mager, hungrig und geprügelt

Moskau. Die Einberufung neuer Rekruten ist gefährdet. Viele potenziell Wehrpflichtige sind unterernährt und müssten eigentlich aufgepäppelt werden. Stattdessen erschüttert ein Rekrutenschinder-Skandal Russlands Streitkräfte.

270.000 junge Männer sollen in diesem Herbst einberufen werden. Doch 50.000 der Gemusterten musste wegen „eines chronischen Gewichtsmangels aufgrund von Unterernährung“ vom Dienst zurückgestellt werden, teilt das Verteidigungsministerium mit.

Hungrig auf den Kriegspfad


„Tatsächlich ist die Zahl der unterernährten und hungrigen Wehrpflichtigen sogar noch höher, aber um den Plan einzuhalten, schickt das Verteidigungsministerium auch Kranke und Untergewichtige in die Einheiten“, sagt Walentina Melnikow vom Komitee der Soldatenmütter. Ihren Schätzungen nach werden rund 20.000 Leichtgewichte in Uniform gesteckt.

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Unterernährt heißt der Definition nach, dass ein junger Mann mit beispielsweise 1,87 Körperlänge um die 55 Kilo wiegt, obwohl er mindestens 64 Kilo auf den Rippen haben müsste. Die 20.000 trotz Untergewicht Eingezogenen sollen in den nächsten drei Monaten mit einer höheren Ration auf das erforderliche Körpergewicht gebracht werden.

Tagesration für 1,80 Euro


Eigentlich sieht die Tagesration eines russischen Wehrpflichtigen nicht schlecht aus, auch wenn sie nach Berechungen russischer Medien nur rund 80 Rubel (1,80 Euro) kostet. Fleisch und Fisch stehen drauf, 600 Gramm Kartoffeln und 300 Gramm Gemüse, 750 Gramm Brot; auch Graupen und Nudeln, Milch und Saft und jede Menge Instant-Cafe sind zu erhalten.

Freilich müssen viele der Neuankömmlinge in der Armee altüberkommenen Ritualen folgend die Altgedienten versorgen – u.a. auch mit Essen. Daher bleibt mitunter nicht allzu viel für die Rekruten übrig.

Rekrutenschinderei bleibt aktuell beim Militär


Besonders hart bekamen 16 Wehrpflichtige im Gebiet Leningrad das System Dedowtschina (Herrschaft der Altgedienten) zu spüren. „Um drei Uhr in der Nacht haben uns die Sergeanten geweckt“, erzählt einer der Rekruten, Wladimir Romanow. Zunächst schlugen sie ihn, dann die anderen Rekruten. Die Schinderei setzte sich nach Angaben der Wehrpflichtigen bis 9 Uhr morgens fort. Einem der Soldaten wurde dabei der Kiefer gebrochen.

Dann habe ihm einer der Sergeanten gesagt: „Du bringst morgen 3.000 Rubel mit. Ansonsten bringe ich dich um oder mache dich zum Krüppel.“ Nach dieser Drohung floh Romanow aus der Einheit. Dort versuchte man offenbar zunächst die Flüchtigen wieder einzufangen, um den Skandal zu vertuschen.

Versuch der Vertuschung


Das Rückholkommando zerrte ihn aus dem Auto seines Vaters, schlug ihn, brach ihm einen Finger und setzte ihn in ein Militärfahrzeug. Auch der Vater bekam mehrere Schläge ab. Doch der wollte seinen Sohn nicht hergeben, rammte das Militärfahrzeug und zwang es so zum Stoppen. Ein Krankenwagen brachte Romanow in die Klinik.

Inzwischen konnten die Soldatenmütter die Staatsanwaltschaft alarmieren. Ermittlungen wurden eingeleitet. Die Beschuldigungen des Rekruten hätten sich bereits teilweise bestätigt, teilte ein Sprecher der Behörde mit.




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