Putin und Medwedew: Einig in der Sache, uneinig im Detail. (Foto: newsru.com)
Montag, 27.12.2010
Russländischer Patriotismus gegen Fremdenfeindlichkeit
Moskau. Der russische Staatsrat hat sich heute mit einem aktuellen Thema befasst: Was kann gegen Fremdenfeindlichkeit getan werden? Putin appelliert an sowjetische Muster, Medwedew fordert dagegen „neue Prinzipien“.
Bei der Sitzung im Kreml waren die Leiter aller Regionen Russlands anwesend. Eigentlich sollten bei der letzten Zusammenkunft des Staatsrats in diesem Jahr Fragen der Familienpolitik besprochen werden, aber angesichts der aktuellen Ereignisse – Straßenunruhen mit nationalistischen Aufrufen in Moskau – wurde die Tagesordnung umgestellt.
Lösung liegt in den Regionen
Präsident Dmitri Medwedew erklärte die Problematik rechtsradikaler nationalistischer Ausschreitungen zur „Sache aller“, die in den Regionen behandelt werden müsste. „Nicht die Polizei und der FSB können die Lösung bringen, sondern die Arbeit in den Regionen“, so Medwedew.
Die Konflikte tauchen „auf der Straße und in den Häusern auf“, deshalb müssten sie direkt vor Ort angegangen werden. Medwedew spricht sich gegen neue Strukturen wie etwa ein Nationalitätenministerium aus, da dies nur den Beamtenapparat aufblähen und keine Lösungen erbringen würde.
Der Präsident und sein Premier Wladimir Putin sind bei der Sitzung erneut in ihre bekannten Rollen geschlüpft – während Putin in seiner bekannten harten Manier eine Rückbesinnung auf sowjetische Erfahrungen fordert, weist Medwedew das ideologisch verbrämte Vorbild zurück.
Putin möchte einen „allgemeinen russländischen Patriotismus“, um den es heute leider sehr schlecht bestellt sei. „Wir sollten uns schämen!“, sagt er und meint damit die Unfähigkeit, den Frieden zwischen verschiedenen Nationalitäten in Russland aufrecht zu erhalten.
Angespannte Verhältnisse
Abhilfe könnte eine Besinnung auf die Sowjetunion schaffen, wo es gelungen sei, das Volk zu einen, wenn auch leider auf der ideologischen Basis der kommunistischen Idee: „Wir alle haben bisher kein Äquivalent zu dem gefunden, was in der Sowjetunion galt. (…) Nur ein allgemeiner russländischer Patriotismus kann Abhilfe schaffen.“
Medwedew stimmt dem zu, verweist aber darauf, dass die Sowjetunion „ein sehr harter Staat“ war und die damals aufgewandten Mittel zur nationalen Befriedigung heute nicht mehr taugen. „Hätten wir dieselben Möglichkeiten wie vor 25 Jahren, würden wir jetzt nicht hier sitzen“, gab Medwedew zu bedenken.
„Wir brauchen neue Prinzipien, neue Zugänge“, so Medwedew weiter. Konflikte zwischen verschiedenen Nationalitäten seien eine „tödliche Gefahr“ für Russland und tatsächlich gäbe es „in vielen Regionen ein sehr angespanntes Verhältnis“.
Legalisierung der Migration in Moskau
Moskau kann ein Lied davon singen. Selbst Bürgermeister Sergej Sobjanin in gibt zu, dass es in der russischen Hauptstadt „Millionen Illegale“ gibt: „Registriert sind 250.000 Migranten, faktisch sind es aber mehrere Millionen.“
In manchen Stadtteilen lebten bis zu 20 Prozent „nichtslawische Menschen“, so Sobjanin. Gegen den Extremismus helfe nur „die Legalisierung des Migrationsstroms.
Außerdem müssten Schulen und Hochschulen zu mehr Toleranz erziehen und den Jugendlichen Regeln für ein friedliches Zusammenleben verschiedener Nationalitäten vermitteln. Moskau wolle in dieser Richtung aktiver werden.
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