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Joerg Rathmann, Geschäftsführer MOEZ Rheinland-Pfalz will nach Kasachstan (Foto: MOEZ) |
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Freitag, 12.08.2011
MOEZ: Rheinland-Pfalz will nach Kasachstan aufbrechenWiesbaden. Für September planen das rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerium, das "Mittel- und Osteuropazentrum"und die Berliner Commit GmbH eine brachenübergreifende Wirtschaftsreise nach Kasachstan. Besucht werden Astana und Karaganda.
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Mit dem Geschäftsführer des Mittel- und Osteuropazentrums Rheinland-Pfalz GmbH (MOEZ), Jörg Rathmann sprach über die Hintergründe und Ziele der Unternehmensreise für Russland-Aktuell Konstantin Dallibor.
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R-A: Welchen Stellenwert hat für Sie Kasachstan, wie beurteilen Sie die Situation des Landes und welche Chancen und Potentiale sehen Sie dort für rheinland-pfälzische Mittelständler?
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Rathmann: Kasachstans Wirtschaft hat 2010 dank der Trendwende auf den Weltrohstoffmärkten und staatlicher Stabilisierungsmaßnahmen zu einem sichtlichen Wachstum zurückgefunden. Als Motor des Wirtschaftswachstums erwies sich die Industrie mit einem Plus von zehn Prozent wobei weniger die Rohstoffgewinnung, sondern vor allem die Betriebe des verarbeitenden Gewerbes für den Zuwachs sorgten.
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Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 wies der Außenhandel bereits im Jahr 2010 wieder eine Steigerung von rund 24% auf. Hervorzuheben ist zudem, dass die kasachische Volkswirtschaft, als eine der wenigen Volkswirtschaften weltweit, in der Finanz- und Wirtschaftskrise ein Wirtschaftswachstum verzeichnen konnte. Für 2011 wird mit einem Wachstum des BIP von fünf bis sieben Prozent gerechnet.
Wenngleich diese makroökomischen Daten ein positives Bild abgeben, bleibt die Lage auf der mirkoökonomischen Ebene teilweise angespannt. Viele Unternehmen haben weiterhin hohe Verbindlichkeiten, und die Finanzierung von Projekten ist aufgrund der weiterhin angeschlagenen Finanzwirtschaft im Land schwierig.
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R-A: Soll das heissen, dass die Zukunftsaussichten unsicher sind?
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Rathmann: Kasachstan aus unserer Sicht mittel- und langfristig in allen Branchen und Sparten große Chancen für die mittelständischen Unternehmen in Rheinland-Pfalz. Das Land verfügt über immense Rohstoffreserven und einhergehend mit den gestiegenen Rohstoffpreisen auch wieder über die notwendigen Devisen.
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Einen zusätzlichen Effekt bieten die vielfältigen Förderinitiativen der kasachischen Regierung, mit deren Hilfe die Rohstofflastigkeit und die Abhängigkeit von den Weltmärkten überwunden werden soll. Große Chancen für die deutschen Unternehmen versprechen wir uns daher vor allem bei der Umsetzung der Programme zur forcierten Industrialisierung des Landes, der zahlreichen Branchenprogramme (beispielsweise in den Sektoren Energiewirtschaft, Kommunalwirtschaft, energieeffiziente Gebäudesanierung, Trinkwasserversorgung, Umweltschutz, Gesundheitswesen und Pharmazie bzw. Maschinenbau).
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In all diesen Bereichen können die rheinland-pfälzischen Unternehmen punkten. Zugute kommt ihnen dabei auch das weiterhin sehr gute Image deutscher Technologien und Produkte in Kasachstan.
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R-A: Welche Aufgaben hat in diesem Zusammenhang das MOEZ, dessen Geschäftsführer Sie sind?
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Rathmann: Mit einer Exportquote von 52% im Jahr 2010 gehört Rheinland-Pfalz zu den drei Bundesländern mit den höchsten Exportanteilen. Diese Position wird ganz wesentlich durch die engen Wirtschaftsbeziehungen zu den Ländern Mittel- und Osteuropas geprägt.
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Um diese Wirtschaftsbeziehungen auszubauen und zu intensivieren hat das Land 2006 mit der Mittel- und Osteuropazentrum Rheinland-Pfalz (MOEZ) GmbH eine eigene Landesgesellschaft zur Außenwirtschaftsförderung mit den MOE-Staaten geschaffen.
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Angesiedelt am Flughafen Frankfurt-Hahn ist das MOEZ die zentrale Anlaufstelle für Wirtschaftskontakte zwischen rheinland-pfälzischen Unternehmen und Handels- und Kooperationspartnern in den Ländern Mittel- und Osteuropas.
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Mit unseren mittlerweile elf Kontaktstellen in den wichtigsten Wirtschaftsräumen Mittel- und Osteuropas verfügt unser Zentrum über eine hervorragende Vernetzung in die dynamischen Märkte in den MOE-Staaten. Angesiedelt in der MOEZ GmbH sind darüber hinaus mittlerweile zwei Repräsentanzen aus Polen und Russland sowie das Projektbüro Wirtschaftskooperation Rheinland-Pfalz - Südosteuropa.
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R-A: An wen in Deutschland richtet sich die Arbeit des MOEZ?
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Rathmann: Unser Angebot richtet sich primär an die mittelständischen Unternehmen in Rheinland-Pfalz, die mit rund 98% der Arbeitsplätze eine besondere Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz haben, aber in der Regel nicht über eigene Auslandabteilungen verfügen.
Diese Unternehmen erhalten bei uns fundierte und aktuelle Informationen über die wirtschaftliche und politische Situation auf den Zielmärkten Osteuropas sowie Unterstützung bei der Suche nach weiterführenden Kontakten.
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Unser Kerngeschäft ist die Organisation von Wirtschaftsdelegationsreisen, Messen und branchenspezifische Symposien. Diese Veranstaltungen bietet das MOEZ als Teil des Außenwirtschaftsprogramms des Landes Rheinland-Pfalz Wir öffnen Märkte an. Sie eignen sich ideal für Unternehmen, die sich kostengünstig und effizient einen ersten Überblick über einen für sie neuen Markt verschaffen wollen.
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Dies gilt auch für die bevorstehende Wirtschaftsreise nach Astana und Karaganda. Im Rahmen der Reise werden an beiden Standorten Kooperationsbörsen stattfinden, zu denen wir für die teilnehmenden rheinland-pfälzischen Unternehmen potentielle Kooperationspartner einladen.
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Weiterhin haben die Unternehmen die Gelegenheit zu direkten Gesprächen mit Vertretern aus Politik und Verwaltung, um weitere Hinweise zur richtigen Herangehensweise bei der Markterschließung zu erlangen.
R-A: Im Mai diesen Jahres besuchte der Stellvertretende kasachische Premierminister und Minister für Industrie und Neue Technologien, Aset Issekeschew die Bundesrepublik. Dabei ging es u.a. um die Rohstoffpartnerschaft. Welche Aussichten hat dieser Sektor?
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Rathmann: Aus Sicht des MOEZ und der Wirtschaft in Rheinland-Pfalz kann ich diese Initiative natürlich nur begrüßen. Die Verfügbarkeit von Rohstoffen und Halbfertigerzeugnissen ist für eine Technologienation wie Deutschland ohne eigene große Rohstoffreserven von zentraler Bedeutung. Umgekehrt kann die Republik Kasachstan vom Know-how der deutschen Wirtschaft profitieren und Unterstützung bei der Diversifizierung der kasachischen Wirtschaft erhalten.
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Strategische Partnerschaften und eine verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Kasachstan bieten aus meiner Sicht daher große Chancen für die deutsche Wirtschaft.
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Glücklicherweise kann Deutschland auf eine lange und Intensive Partnerschaft mit der Republik Kasachstan zurückblicken. Dies verdeutlichen hochrangige bilaterale Besuche: Im Jahre 2010 hat Bundeskanzlerin Merkel zweimal Kasachstan besucht. Präsident Nasarbajews Deutschland-Besuch am 04.02.2009 war zugleich Auftakt des Kasachstan-Jahres in Deutschland, erwidert durch das Deutschland-Jahr 2010 in Kasachstan.
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Jürg Rathmann, MOEZ Rheinland-Pfalz (Foto: MOEZ) |
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Auch bei dem zurückliegenden Staatsbesuch des damaligen Bundespräsidenten Köhler in Kasachstan wurden zahlreiche bilaterale Abkommen vereinbart. Somit ist eine solide Basis für die bilaterale Kooperation auf der Ebene der Nationalstaaten gewährleistet. Darauf können wir als Bundesland Rheinland-Pfalz bauen, wenn es um direkte Partnerschaften geht.
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Bei uns im Hunsrück gibt es beispielsweise eine große Gemeinschaft von deutschen Spätaussiedlern aus Kasachstan. Viele von ihnen stammen aus der Region Schambyl. Und nicht wenige haben Kontakt zu Verwandten, Freunden und Bekannten dort gehalten. Diese Beziehungen bieten zusätzliches Potenzial für den Aufbau von Partnerschaften auf der regionalen Ebene.
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R-A: Was sollte aus Ihrer Sicht an den Rahmenbedingungen in Kasachstan verbessert werden?
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Rathmann: Kasachstan hat in den vergangenen Jahren viel unternommen, um das Thema Korruption in den Griff zu bekommen. Erfolge zeigen sich hier unter anderem bei der deutlich verbesserten Einordnung des Landes in Rankings wie dem von Transparency International. Auch beim Schutz des geistigen und materiellen Eigentums kann die Republik Kasachstan Fortschritte aufzeigen. Wichtig ist es, diesen Weg weiter konsequent fortsetzen, um das Land noch konsequenter in die globale Wirtschaft zu integrieren.
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Uns allen sollte klar sein, dass Protektionismus kein Mittel zur Bewältigung der Herausforderungen des 21. Jahrhunderts sein kann. Leider hat es den Eindruck, dass sich derartige Tendenzen in den letzten Jahren in Kasachstan verstärkt haben.
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So soll beispielsweise die Gründung eines Unternehmens in Kasachstan nur mit einem kasachischen Geschäftsführer möglich sein, weil die Bedingungen für den Erhalt einer Arbeitsgenehmigung fuer einen ausländischen Geschaeftsfuehrer oft unerfüllbar sind. Solche Regelungen weisen unseres Erachtens in die falsche Richtung.
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Deutsche Unternehmen beklagen außerdem noch immer zu häufig fehlende Transparenz, Bürokratie, lange Genehmigungsverfahren sowie mangelnde Rechtsicherheit und ein schlecht entwickeltes Gerichtswesen in Kasachstan. Hier sind weitere Verbesserungen erforderlich.
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Gleichwohl muss man die Anstrengungen der kasachischen Regierung zur Verbesserung des Investitions- und Geschäftsklimas anerkennen.
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