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Montag, 04.06.2007
Putin übt vor G-8 die neue UnnachgiebigkeitMoskau. Nicht, dass er nicht mehr lächelt. Aber die Zeit des Nachgebens ist vorbei. Putin bezieht vor G-8 selbstbewusst und hart Position statt Positionen aufzugeben. Die führenden Industrienationen sind irritiert.
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Hielt früher Moskau manchmal selbstkritisch die andere Wange hin, wenn es geschlagen wurde, vergilt Putin nun prinzipiell Gleiches mit Gleichem. Die Kritik an Polizeieinsätzen in Russland kontert er mit Verweis auf den Schlagstockgebrauch im Westen. Auf die vorgeschobenen amerikanischen Raketenbasen folgt die Entwicklung neuer Atomwaffen.
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Und auf die Vorwürfe, der KGB habe den Ex-Agenten Litwinenko in London vergiftet, kommt jetzt aus Moskau der Gegenangriff: es seien britische Schlapphüte gewesen, die den Mann beseitigten, damit er nicht in Moskau plaudert.
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In der westeuropäischen Öffentlichkeit tut man erstaunt ob der groben Töne aus Moskau. Dabei bahnte sich die Trendwende schon seit fast zwei Jahren an. Und die groben Töne waren anfangs vor allem aus Washington zu hören.
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Der doch recht einflussreiche republikanische Senator John McCaine, der mittlerweile ein Präsidentschaftsanwärter ist, sprach in einer viel beachteten Rede davon, dass die Kremlpolitik totalitär nach innen (Beweise: Chodorkowski und Gussinski) und aggressiv nach außen sei (Beweise: Tschetschenien, die Halbinsel Tusla und die Unterstützung für die russische Minderheit in Riga).
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McCaine schlug vor, Russland international zu isolieren und aus internationalen Organisationen auszuschließen. Zur Generallinie des Weißen Hauses wurde das noch nicht, aber in Richtung Russophobie geht die Entwicklung seitdem. Die besten Verbündeten Washingtons sind dabei die Regierungen in Kiew, Warschau, Wilnius und Tiflis und die aus neuer Überheblichkeit geborene politische Dummheit in Russland.
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Aber unbestreitbar scheint bisher, dass nicht Russland seine Einflusszonen expandiert, weltweit militärisch operiert, sondern die USA. Nicht Russland führt Krieg am Golf, sondern die USA. Nicht Russland stationiert Raketenabwehrsysteme auf Kuba und in Venezuela. Nicht Russland versucht die Kontrolle über die texanischen Ölfelder zu gewinnen, sondern es geht um die sibirischen Energieresourcen.
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Russland hat bisher immer alle Energie-Lieferverpflichtungen strikt eingehalten. Dass Russland gerade unter Druck seine Energievorkommen nicht internationalisieren möchte, scheint verständlich zu sein. Die Halbinsel Jamal ist und bleibt russisch. Und daraus folgt eigentlich fast alles andere. Das mag manchem als plumper Antiamerikanismus oder platter geopolitischer Determinismus erscheinen.
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Aber es ist wohl so: die russische politische und wirtschaftliche Elite, vor allem die Führungsschicht aus Geheimdiensten, Militär und Innenministerium, die den Restbestand der UdSSR im vorletzten Moment gesichert hat, ist nicht bereit, das so Eroberte aufzugeben. Warum sollten sie auch. Sie werden es nach innen und außen absichern.
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Dabei ist es längst unerheblich, ob der Präsident Russlands Wladimir Putin oder Sergej Iwanow oder ganz anders heisst und wie lange er amtiert. Er wird dieses nationale Interesse der Staatsträger zur Richtschnur der Politik machen. Und er wird den Rücken steif machen müssen, wenn der Druck von außen wächst. Selbst für Judoka Putin ist die Zeit des Nachgebens vorbei.
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Die Schlussfolgerung für Europa lautet: entweder zusammen mit den USA eine Isolierungs- und Destabilisierungspolitik in Richtung Osten zu führen, die katastrophale Folgen für alle Beteiligten haben dürfte oder aber kooperative Politikformen weiterhin auch in Richtung Osten zu üben. Ungeachtet der Widerstände aus Warschau, Wilnius und Kiew und aus Washington.
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Als einer der ersten Schritte scheint es sinnvoll, die offiziöse Sprachregelung zu Heiligendamm zu ändern. Angeblich handelt es sich in Heiligendamm um ein Treffen der führenden Industrienationen der Welt und Russlands sowie Gästen aus den Schwellenländern.
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Wer eine Kooperation mit Russland will, der kann ja wohl nicht ernsthaft Italien und Kanada als führende Industrienationen der Welt einstufen, aber Russland mit seinem gigantischen Wirtschafts-, Wissenschafts- und Industriepotential an den Katzentisch setzen.
Gisbert Mrozek, Moskau (gim/.rufo/Moskau)
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