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Fandorin empört Generäle und begeistert das Kinopublikum. Foto: www.newsru.com |
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Freitag, 11.03.2005
Boris Akunin, russischer Karl-May-VerschnittVon Alexej Dubatow, Moskau. Der nach dem gleichnamigen Roman von Boris Akunin gedrehte Abenteuerfilm „Türkisches Gambit“ hat binnen zwei Wochen 345 Millionen Rubel (9,35 Millionen Euro) eingespielt, mehr als bisher jeder andere russische Streifen. Was den Inhalt angeht, so drängen sich Parallelen zum unvergessenen Karl May auf.
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Der russische Old Shatterhand heißt Erast Fandorin und steht als Beamter der Geheimpolizei für besonders heikle Aufträge im Dienste des Zaren Alexander II. Als Freiwilliger kämpft er auf serbischer Seite, gerät in türkische Gefangenschaft und bietet einem listigen Superagenten des Osman Pascha im russisch-türkischen Krieg von 1877-1878 die Stirn. Der Balkan des 19. Jahrhunderts ist dem heutigen russischen Leser etwa dasselbe, was einmal der Nahe Osten dem deutschen Leser war.
Generäle empört
Die atemberaubende Intrige ist frei erfunden, historische Daten und Figuren sind aber echt, was die Armeezeitung „Krasnaja Swesda“ zu einem kuriosen Protest veranlasste. Akunins Version der Kämpfe um das bulgarische Plewen habe mit der historischen Wahrheit nichts zu tun, heißt es in einer diese Woche veröffentlichten Kritik. Ungenauigkeiten ließen sich „nur bis zu einer gewissen Grenze“ verzeihen, solange sie dem gesunden Menschenverstand keinen Abbruch täten.
Weiterer Fandorin-Film in Arbeit
Der Autor und das Drehteam sollten sich bei den Generälen für die kostenlose Werbung bedanken. Schon ist ein weiterer Film nach dem Roman „Der Staatsrat“ in Arbeit, wo ein gealterter Fandorin linksradikale Terroristen jagt. Das Thema ist hochaktuell, desgleichen die Figur des hochrangigen, aufgeklärten Geheimdienstlers. Dem Leser ist sie aus einem Dutzend bereits erschienener Bücher vertraut. In einem der künftigen soll das Sprachgenie Fandorin in Japan aktiv werden, was kein Zufall sein kann, weil Akunin in seinem Vorleben Berufsübersetzer aus dem Japanischen war.
Fandorins Vorfahre kam aus Deutschland
Und eine Freudsche, vermutlich unbewusste Karl-May-Parallele. Der Legende zufolge trat ein Vorfahre des Haupthelden in den Dienst russischer Zaren ein, um richtig Geld zu verdienen und dann als reicher Mann nach Deutschland zurückzukehren. Ihn ließen die weiße russische Schneewüste und die geheimnisvolle russische Seele aber nicht mehr los, ein Sachverhalt, den viele bestätigen könnten. Von Dorn wurde geadelt, und aus seinem Namen wurde durch umgangssprachliche Abschleifung Fandorin.
Tschchartischwili vs. Akunin
Der Schriftsteller unterschrieb seine ersten Geschichten mit B. Akunin. Denkt man den Punkt weg, so weiß man, warum. Der Verleger war jedoch über den Vergleich mit dem berühmten Anarchisten offenbar nicht sehr begeistert und gab seinem Erfolgsautor den Vornamen Boris. Heute schreibt Akunin auch unter seinem richtigen Namen Grigori Tschchartischwili weniger spannende Bücher im ernsteren Stil. Er stammt aus einer russischsprachigen Moskauer Georgierfamilie.
Ein Stück von Akunin-Tschechow
Dem Intellektuellen Tschchartischwili muss der Ruhm des Romanautors Akunin nicht ganz geheuer gewesen sein. Deshalb überarbeitete er Anton Tschechows „Die Möwe“, um zu zeigen, dass literarische Meterware nicht sein eigentliches Anliegen sei. Der junge Schriftsteller Konstantin nimmt sich darin nicht selbst das Leben, sondern wird von einem Tierschützer erschossen, wegen der toten Möwe. Das tiefsinnige Stück wird an einem Moskauer Theater neben dem Original gespielt: heute Tschechow, morgen Akunin. (adu/.rufo)
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