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Viele kleine Nano-Parteien wollen in Zukunft in Russlands Polit-Arena mitmischen (Foto: vkontakte.ru) |
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Freitag, 30.03.2012
Schon 85 neue Parteien stehen in den StartlöchernMoskau. Das Gesetz über die erleichterte Zulassung von Parteien ist durch jetzt ist ein Gründungs-Boom zu erwarten. Neben ernsthaften Ergänzungen der Parteienlandschaft ist auch mit Clowns und Klonen zu rechnen.
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Beim Justizministerium waren bis gestern bereits 85 Anmeldungen geplanter neuer Partien eingegangen. Wenn auch nur ein Bruchteil davon in die Realität umgesetzt wird, dürfte es in Russland in Zukunft zu einem kaum noch zu durchschauenden Wildwuchs in der politischen Landschaft kommen.
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Viele Polit-Experten sind sich sicher, dass dies eine neuer Trick des Kremls ist, das erwachte politische Bewusstsein der Bevölkerung einzunebeln und letztlich eine starke Opposition zu verhindern.
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Parteien von subtropisch bis Kosakentum
Unter den bisher eingegangenen Voranmeldungen sind auch wahrlich exotische Partei-Projekte: So ist abzusehen, dass die klimatischen Wünsche der Subtropischen Partei nicht unbedingt mit der vermutlich agrarisch-konservativ orientierten Dorf-Partei korrelieren werden. Auch kann man darauf gespannt sein, ob die Partei der guten Menschen programmatisch und moralisch mit der Partei der zehn Gebote zusammen arbeiten kann oder nicht.
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Auf das Zielpublikum der Polit-Muffel orientieren sich gleich zwei Parteien i.G., die sich Gegen alle nennen wollen und auch die Kosaken wollen sich parteilich organisieren.
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Beobachter des bunten Treibens sind sich jedoch sicher, das nicht nur Gutmenschen jetzt an Parteigründungen werkeln, sondern auch Polit-Technologen, die versuchen, Namen zu besetzen und damit bestehenden Kräften unlautere Konkurrenz zu machen - oder auch einfach nur Geld zu verdienen. Als Vorbild für dieses Business kann das Besetzen von Markennamen in Internetadressen gelten.
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Politische Cybersquatter arbeiten schon gegen Prochorow
So sind mit den Namensanmeldungen Neues Russland, Liberale Partei Russlands und Freies Russland bereits drei Namen angemeldet worden, die beim Parteigründungs-Projekt des Ex-Präsidentschaftskandidaten Michail Prochorow gegenwärtig ganz oben gehandelt werden. Prochorows Stab erklärt allerdings, dass er selbst noch keine Voranmeldung gemacht hat, weil man sich noch nicht auf einen Parteinamen verständigt hat.
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Die Prochorow-Partei dürfte dabei aufgrund der Popularität, Bekanntheit und der Ressourcen ihres milliardenschweren Frontmannes eine der wenigen Neugründungen sein, die auf absehbare Zeit die Chance hat, auch in das eine oder andere Parlament einzuziehen.
Vorausgesetzt, sie schafft im Laufe des Sommers ihre Gründung, könnte sie schon am 14. Oktober bei den nächsten Regionalwahlen antreten. Dann werden die Gebietsparlamente von Saratow, Pensa, Sachalin, Krasnodar und der Republiken Udmurtien und Nordossetien neu gewählt.
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Neue Zwergparteien ohne Wahl-Chancen
Den meisten anderen Neugründungen wird es voraussichtlich an bekannten Führungspersönlichkeiten und auch an medialer Beachtung fehlen, um über mehr als ein halbes Prozent hinauszukommen. Chancen sehen Experten allenfalls noch für die Republikanischen Partei Russlands von Wladimir Ryschkow oder die Sozialdemokratische Union, für die sich sowohl der populäre linke Aktivist Sergej Udalzow als auch Michail Gorbatschow schon stark machen.
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Das Gesetz verbietet zwar eine Anmeldung von absolut identischen Namen zu bestehenden Parteien, aber nicht eine Übernahme einzelner Begriffe aus schon bestehen Parteinamen. So ist damit zu rechnen, dass es alsbald wie schon in den 90er Jahren eine ganze Reihe von Parteien geben wird, die sich irgendwie kommunistisch, liberal oder demokratisch nennen werden.
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Auch ist mit einer Reanimierung von Parteien zu rechnen, die es vor der Verschärfung des Parteigesetzes schon einmal gab und die dann wegen nicht hinreichender Mitgliederzahlen aufgelöst werden mussten: so haben Parteinamen-Squatter bereits die einstige Union der rechten Kräfte (SPS), die Rentnerpartei oder die Volkspartei für sich mit Beschlag belegt.
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Pseudo-Parteien als Viren gegen die Konkurrenz
Der Politologe Wladimir Solonnikow erwartet, dass es in Zukunft in jedem Teil des politischen Spektrums von links über liberal, zentristisch bis rechts-nationalistisch fünf bis zehn Parteien geben wird. Und es sei damit zu rechnen, dass die Politstrategen des Kremls bewusst Spoiler-Parteien auf heranwachsende ernsthafte politische Konkurrenz ansetzen werden. Diese würden einzig dazu dienen, gefährlich werdenden Oppositionskräften einen Teil ihres Elektorates abzuziehen.
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Der Duma-Abgeordnete Gennadi Gudkow vom Gerechten Russland glaubt, dass in dem zu erwartenden Partei-Durcheinander in Zukunft der kriselnden Kreml-Hauspartei Einiges Russland auch 25 Prozent der Stimmen reichen werden, um weiterhin die bestimmende Kraft bleiben zu können.
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Nur Medwedew muss noch unterschreiben
Der Startschuss zum Parteien-Wettgründen könnte schon nächste Woche fallen: Das Gesetz, dass die Mindestmitgliederzahl von bisher 40.000 auf 500 herabsetzt, wurde von der Duma und dem Förderationsrat gebilligt. Jetzt fehlt nur noch die Unterschrift des Initiators, Präsident Dmitri Medwedew.
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JohannGmelin 01.04.2012 - 22:30
Das ist gelebte...
Demokratie. 85 Parteien...
Die USA haben es da leichter, die Finanzleute halten sich 2 Parteien, die reichen denen scho 100 Jahre. Russland, braucht halt noch Zeit, um so \"demokratisch\" zu werden wie die USA. Frau Clintons Rat ist gefragt, wie man diese \"Unordnung\" in den Griff der Finanzelite bekommt...
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Auf einem Relief im Giebel der Petersburger Isaakskathedrale hat sich der Baumeister des Gotteshauses selbst verewigt: Herr Montferrand hält sein monumentales Werk zärtlich im Arm. (Topfoto: Brammerloh/.rufo)
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