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Dienstag, 11.10.2011

Ukraine: Timoschenko-Urteil behindert Euro-Integration

Kiew. Der Beobachter könnte meinen, die Verurteilung von Julia Timoschenko würde den ukrainischen Präsident freuen. Der hält ihn jedoch für einen „ärgerlichen Fall“, weil er die europäische Integration des Landes gefährdet.

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• Urteilsspruch: Sieben Jahre für Ex-Premier Timoschenko (11.10.2011)
• Richter spricht Timoschenko Amtsmissbrauchs schuldig (11.10.2011)
• Timoschenko zur Urteilsverlesung ins Gericht gebracht (11.10.2011)
• Ukraine-Russland: Janukowitsch-Besuch entscheidend (22.09.2011)
• Kiew hofft auf Milliardenerlös bei Naftogas-Verkauf (08.09.2011)
Nach der Verurteilung von Julia Timoschenkoder Ex-Premierministerin und „persönlichen Feindin“ von Viktor Janukowitsch zu sieben Jahren Haft wegen Amtsmissbrauchs hat Brüssel schnell reagiert. EU-Außenministerin Catherine Ashton kündigte sofort „mögliche Maßnahmen gegen die Ukraine“ an.

Bereits vor dem Urteilsspruch hatte die EU am Montagabend Kiew gewarnt, die bilateralen Abkommen über politische Zusammenarbeit und freien Handel würden „niemals ratifiziert werden, wenn Timoschenko ins Gefängnis kommt“.

Präsident Janukowitsch kann also gar nicht anders als zurückrudern. „Zweifelsohne ist das ein ärgerlicher Fall, der die Euro-Integration der Ukraine verkompliziert“, sagte er laut RIA Novosti am Dienstagnachmittag in Kiew. Er betont, es gebe jedoch die Möglichkeit, gegen das Urteil in Berufung zu gehen.



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Paulsen-Consult 11.10.2011 - 18:39

Natürlich gewollt

Natürlich handelt es sich um ein politisch gewolltes Urteil, zumal die Gesetzesgrundlage auf der dieses Urteil beruht, vermutlich in Kürze passe´sein wird.
Die Gründe, diesen Prozess nicht vor seinem spektakulären Urteil abzubiegen, sind dabei gar nicht so schwer zu finden. Wer keine positive Aufmerksamkeit bekommt, holt sich diese eben in negativer Form. Ohne jede Aufmerksamkeit möchte ein Land in diesem Zustand sicher nicht bleiben. Nach persönlichen Gesprächen mit Ukrainern gehe ich sogar davon aus, dass viele Ukrainer den Timoschenko-Prozess mit Genugtuung verfolgt haben, weil sie sich von ihrer Politik enttäuscht sahen. Ob Timoschenko aber zum Sündenbock taugt, darf stark bezweifelt werden. Ich rechne weiterhin mit ihrer Rehabilitation.
Dennoch, viele Ukrainer sind inzwischen ausgesprochen EU-kritisch, seit die üppigen Kredite der westlichen Banken nicht mehr fließen und der Wohlstand in unerreichbare Ferne gerückt ist. Irgendwas ist faul an Europa, die Ukraine hätte doch schon längst reich sein müssen.
Die Gründe der hausgemachten Krise will dann kaum einer hören. Schön passt dazu eine ehemalige Premierministerin Timoschenko, die das Land betrogen habe und nun mit allen diplomatischen Waffen von der EU verteidigt wird. Das klingt schon fast nach einer Verschwörungstheorie. Eigentlich ist die EU an allem Schuld, wie man gestern in der Kyivpost in einem Kommentar des ehemaligen Redenschreibers von Kutschma lesen konnte. Die EU wolle die Ukraine gar nicht und nehme den Timoschenko-Prozess als Vorwand für die Blockierung des Assoziierungsabkommens.
Ich habe inzwischen meine eigene Meinung dazu.
Immer wenn aus der EU mal wieder Forderungen nach rechtsstaatlichen Reformen und Bekämpfung der Korruption in Kiew eintreffen, geht man in die Gegenoffensive, macht genau das Gegenteil und bezichtet den Westen der Einmischung in innere Angelegenheiten oder gar der Subversion. Dieses Muster scheint jetzt auch auf die Russen angewendet zu werden. Ein ukrainischer Diplomat behauptet laut Interfax, dass Timoschenko russische Agentin gewesen sei und die Ukraine unterminiert habe.
Mit solchen Methoden, Unterwanderungsängste und ausländische Feindbilder zu schüren, hat Putin sein Land an die Zügel bekommen. Somit wäre es gar nicht verwunderlich, wenn Janukowitsch nun das gleiche versuchen würde. Ob das funktioniert, darf aber bezweifelt werden. Timoschenko eignet sich eben doch eher als Märtyrerin, denn als Sündenbock. Janukowitsch treibt auf diese Weise sein stark angeschlagenes Land in eine gefährliche Zerreissprobe!


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