Freitag, 23.03.2012
Folter-Skandal: Tatarstan verliert Hoheit über PolizeiKasan. Die Polizeibehörde der Republik Tatarstan untersteht jetzt nicht mehr der Republikführung, sondern dem russischen Innenministerium. Vor dem Hintergrund des Flaschenfolter-Skandals hat Tatarstan damit auch den letzten Rest seiner Souveränität verloren.
|
|
Gestern wurde das tatarische Innenministerium direkt dem russischen Innenministerium unterstellt, berichtet die Zeitung RBK Daily. Bislang unterstand der Polizeichef Tatarstans direkt dem Präsidenten der Republik, außerdem war er Kabinettsmitglied.
|
Die formelle Hoheit über die Polizei in der Republik war einer der letzten Reste der Anfang der 1990er Jahre in Tatarstan proklamierten staatlichen Souveränität.
|
Zwar sagte sich die Republik an der mittleren Wolga anders als Tschetschenien - nie ganz von Moskau los, doch Tatarstan hatte beherzt zugegriffen, als der damalige Präsident Boris Jelzin die russischen Teilgebiete aufforderte, sich so viel Souveränität zu nehmen, wie sie schlucken können.
Während der ersten Amtszeit von Wladimir Putin im Kreml waren die der russischen Verfassung widersprechenden regionalen Souveränitätsrechte nach und nach wieder kassiert worden. Dazu gehörte auch die in vielen Regionen übliche Unterstellung der Polizeiführung unter die Direktive der regionalen Macht.
|
Im tatarischen Innenministerium versicherte man zwar, die Unterstellung unter das föderale Innenministerium sei per Ukas schon am 10. März beschlossen worden und mithin noch kurz vor Bekanntwerden des Skandals um die brutalen Verhörmethoden in einem Kasaner Polizeirevier.
|
Beamten hatten dort einem Festgenommenen ein Geständnis abgepresst, in dem sie ihn mit einer Sektflasche vergewaltigten. Der Mann starb einige Tage später an einem Dickdarmabriss. In der Folge wurden zahlreiche weitere ähnliche Fälle von Misshandlungen und Folter in diesem und anderen Polizeirevieren in Kasan bekannt.
|
Gegenwärtig wird deshalb gegen mehrere Beamte ermittelt, das Polizeirevier im Zentrum des Skandals wurde geschlossen.
|
Aber auch bei der Ermittlungsbehörde werden jetzt Beamte mit dem Vorwurf konfrontiert, sie hätten entsprechende Beschwerden und Anzeigen von Bürgern nicht weiter verfolgt.
|
|
|
Leser-Kommentare zu diesem Artikel (und Kommentare zu Kommentaren): ↓
Schreiben Sie Ihren eigenen Kommentar, nachdem Sie sich hier unten für Kommentare neu registriert haben. Sie können hier oder im Forum (www.forum.aktuell.ru) mitdiskutieren.
Bisher gibt es zu diesem Artikel noch keine Leserkommentare
Überblick aller Leserkommentare zu allen Artikeln >>>